Nicola, wie hat sich dein Alltag seit dem Ende deiner Karriere verändert?
Der Sport nimmt sicher viel weniger Platz ein und hat auch weniger Priorität. Waren es früher drei Trainingseinheiten pro Tag, die gut geplant sein mussten, trainiere ich im Moment jeweils eine Stunde pro Tag. Dies meist früh am Morgen von 6 bis 7 Uhr, wenn die Kinder noch nicht wach sind und auch noch keine Termine anstehen. Unser Alltag ist dadurch etwas ruhiger geworden und ich habe sicher weniger Druck, weil ich nicht mehr auf Wettkämpfe hin in Topform kommen muss. Es ist schön, die Tage und die Familienzeit etwas entspannter angehen zu können. Trotzdem ist mein Alltag sehr spannend geblieben; durch verschiedene Projekte mit meiner Stiftung und der Pho3nix Foundation, Referate und meine Aufgabe bei On, eine bessere Unterstützung für Athleten aufzubauen.
Du bist nun öfters zu Hause. Wie ist das für deine Familie?
Ich war schon vorher immer zwischen den Trainings zu Hause und versuchte, die Einheiten so zu legen, dass ich möglichst viel Zeit mit meiner Familie verbringen konnte. Auch kam die Familie oft in Trainingslager mit. Aber jetzt ist es sicher entspannter für alle und weniger durchorganisiert. Ich freute mich am Ende der Karriere sehr darauf, auch einmal einen ganzen Tag mit den Kindern zu sein, ohne immer wieder für ein Training weggehen zu müssen. Und ich glaube, die Kinder und mein Mann geniessen es auch sehr, dass der Alltag entspannter ist.
Auf welchen Erfolg bist du rückblickend besonders stolz?
Wenn ich zurückblicke, sehe ich ganz viele Erlebnisse, Erinnerungen, Erfolge, Begegnungen, aber auch Rückschläge, die ich bewältigt habe und auf die ich ebenso stolz bin wie auf die erreichten Siege. Es ist also der Weg, der mich stolz macht. Ich bin stolz darauf, auf eine so lange Karriere mit einer wahnsinnigen Entwicklung zurückblicken zu können. Und darauf, dass ich mir selbst treu geblieben bin und den Sport mit Studium, Stiftungsgründung und Familie kombinieren konnte.
Gibt es trotz all deiner Erfolge etwas, das du mit dem aktuellen Wissen im Nachhinein anders gemacht hättest?
Eigentlich nicht. Es gab Verletzungen, die ich im Nachhinein sicher lieber vermieden hätte. Aber ich glaube, ich habe durch diese Rückschläge viel dazugelernt und bin stärker geworden. Es hat auch diese Zeiten gebraucht, um schliesslich über eine so lange Zeit erfolgreich zu sein. Mein Coach Brett Sutton meinte jeweils, ich wäre noch viel erfolgreicher gewesen, wenn ich früher mit ihm zu arbeiten angefangen hätte. Aber ich glaube nicht, dass ich früher in meiner Karriere schon dazu bereit gewesen wäre – und er als Coach wohl auch nicht. (Lacht.)
Welche Erkenntnisse nimmst du für dich mit von der aktiven Zeit als Profisportlerin?
Ich habe durch den Sport unglaublich viel gelernt, das mir auch im Alltag hilft. Mir ein Ziel zu setzen, Probleme zu lösen und vor allem mich auf das zu konzentrieren, was ich beeinflussen kann, nicht auf jene Dinge, die ich nicht ändern kann.
Was macht Triathlon als Sport heute für dich aus?
Triathlon hat mein Leben definitiv verändert und ist meine Leidenschaft. Für mich ist Triathlon durch die drei Disziplinen eine sehr abwechslungsreiche Sportart, in der man sicher viel Ausdauer braucht. Aber es spielen auch Aspekte wie Taktik, Stehvermögen und Vielseitigkeit eine Rolle. Mit dem neuen Mixed Team Relay, einer Teamstaffel mit je zwei Frauen und Männern, kam dann auch noch der Teamaspekt dazu.
Aufgrund deiner langjährigen Erfahrungen im Profisport hast du sicherlich ein paar nützliche Tipps punkto Trainingsgestaltung und Motivation für die Freizeitsportlerinnen unter unseren Lesern?
Regelmässiges, konstantes Training ist das A und O sowohl im Profisport als auch auf allen Leistungsebenen der Freizeitsportler. Es bringt mehr, zwei bis drei kürzere Trainings zu absolvieren als ein langes. In Gruppen oder mit der Kollegin macht es normalerweise mehr Spass und es ist viel einfacher, sich zu überwinden, da man eine fixe Zeit im Kopf hat und Menschen, die auf einen warten, um gemeinsam Sport zu treiben. Ich finde Intervalltrainings sehr sinnvoll (das kann auch auf tiefstem Niveau sein, zum Beispiel 1 Min. laufen, 1 Min. marschieren), weil sie den Körper fordern und Leistungsfortschritte bringen, aber auch abwechslungsreich und darum motivierend sind.