Schwangerschaftsdiabetes
Synonym: Diabetes mellitus Typ 4, Gestationsdiabetes, Gestationsdiabetes mellitus (GDM)
Schwangerschaftsdiabetes kann Ungeborenen schaden und Geburten erschweren. Um diesen Gefahren vorzubeugen, sollten zeitig Blutzuckertests stattfinden.
Als Schwangerschaftsdiabetes (SD) gilt erhöhter Blutzucker, der erstmals während der Schwangerschaft entdeckt wird. Das geschieht oft: Gestationsdiabetes zählt zu den häufigsten Komplikationen in der Schwangerschaft. Durch die Störung des Zuckerstoffwechsels steigt das Risiko für Entwicklungsstörungen beim Baby. Deshalb sind rechtzeitige Vorsorgetests empfohlen. Ist der Blutzucker erhöht, sollte eine Therapie ihn normalisieren. Die Mehrheit der betroffenen Frauen muss dazu nur den Lebensstil etwas umstellen. Meistens verschwindet SD nach der Geburt wieder. Allerdings steigt das Risiko, dass die Mütter später einen Diabetes mellitus Typ 2 entwickeln.
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Symptome
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Bei den meisten Betroffenen verursacht SD keine Beschwerden. Diabetes-typische Symptome wie übermässiger Durst und häufiges Wasserlassen fehlen. Zum Teil sind die Menge an Fruchtwasser, der Blutdruck, der Zuckergehalt im Urin oder die Anfälligkeit für Blasenentzündungen erhöht. Manchmal zeigen Ultraschallaufnahmen, dass der Fötus ungewöhnlich gross und schwer ist. Solche Zeichen reichen aber nicht aus, um SD zu diagnostizieren. Dazu sind Blutzuckertests nötig. Bei Frauen, die einen oder mehrere Risikofaktoren haben, raten die Fachverbände schon bei ersten Schwangerschaftskontrollen zu entsprechenden Tests. Für alle anderen sind sie in der 24. bis 28. Schwangerschaftswoche empfohlen. Wenn SD zu spät oder gar nicht behandelt wird, steigt die Gefahr für Entwicklungsstörungen beim Fötus und für Komplikationen bei der Geburt.
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Behandlung
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SD ist definiert als Störung des Kohlenhydratstoffwechsels, die erstmals während der Schwangerschaft ans Licht kommt. Somit kann auch ein Diabetes mellitus Typ 2, der vorher unerkannt war, oder ein Diabetes mellitus Typ 1, der gerade dann ausbricht, in die Rubrik SD fallen. Bei schwangeren Frauen mit bekanntem Diabetes sprechen Ärzte dagegen nicht von SD.
Die Diagnose erfolgt mittels Blutzuckertests. Manche Ärzte bieten sogenannte Suchtests an, vor denen die Schwangeren normal gegessen und getrunken haben dürfen. Für Suchtests trinken sie üblicherweise 200 Milliliter Wasser, die 50 Gramm Traubenzucker (Glukose) enthalten. Nach einer Stunde wird der Blutzucker gemessen. Wenn er über 135 mg/dl beziehungsweise über 7,5 mmol/l liegt, sollte ein diagnostischer oraler Glukosetoleranztest (oGTT) stattfinden, der wesentlich genauer ist. Davor dürfen Testpersonen mindestens acht Stunden nichts essen und keine Fruchtsäfte, andere gesüsste Getränke oder Milch trinken. Deshalb machen Ärzte den oGTT fast immer frühmorgens. Die Frauen trinken eine Lösung mit 75 Gramm Glukose. Der Blutzucker wird vorher (nüchtern), nach einer und nach zwei Stunden gemessen, meistens mittels Blutproben aus dem Finger. Wenn ein Messwert über dem entsprechenden Grenzwert liegt, gilt die Diagnose SD als gesichert. Die Schweizerische Diabetes-Gesellschaft gibt folgende Werte als Untergrenze von SD an:
- Nüchtern: ≥ 5,1 mmol/l (92 mg/dl)
- Nach 1 Stunde: ≥ 10 mmol/l (180 mg/dl)
- Nach 2 Stunden: ≥ 8,5 mmol/l (158 mg/dl)
Zur Behandlung, also zur Normalisierung der Blutzuckerwerte, reicht es bei mehr als vier von fünf betroffenen Schwangeren aus, die Lebensgewohnheiten etwas umzustellen. Frauen mit Normalgewicht erreichen gute Werte oft schon, indem sie von wenigen grossen Mahlzeiten täglich auf mehrere kleine umsteigen. Als vorteilhaft erweist es sich, an zucker- und fettreichen Speisen zu sparen und dafür mehr Gemüse und Vollkornprodukte zu essen. Bei Übergewicht ist es zudem ratsam, die Tagesmenge an Kalorien in Speisen und Getränken etwas zu verringern. Fachleute raten unbedingt zu Ernährungsberatungen. Sie stellen sicher, dass die Nahrung alles beinhaltet, was wichtig ist für Mutter und Ungeborenes, aber auch dem Blutzucker guttut. Zweiter Baustein der Therapie ist Bewegung. Sie verbessert die Empfindlichkeit der Zellen für Insulin und erhöht die Zuckeraufnahme der Muskelzellen. Geeignet sind alle körperlichen Aktivitäten, die Schwangere ohne Gefahr betreiben können, wie Schwimmen, Gymnastik, angepasstes Yoga, Treppensteigen, Walking und Spazierengehen.
Wenn vermehrte Bewegung und angepasstes Essen den Blutzucker nicht zufriedenstellend senken, müssen Betroffene in der Regel Insulin spritzen. Sie können nur in Ausnahmefällen orale Antidiabetika einnehmen, die bei Diabetes mellitus Typ 2 zum Einsatz kommen. Bei den Medikamenten gibt es noch zu wenig Untersuchungen mit Schwangeren, um sicher ausschliessen zu können, dass die Mittel Ungeborenen schaden könnten.
Alle betroffenen Frauen müssen lernen, ihren Blutzucker selbst zu kontrollieren. Wie oft das täglich geschehen muss, hängt von der Art der Behandlung ab. Während der Schwangerschaft sollten Frauen mit SD diese Blutzuckerwerte anstreben:
- Vor den Hauptmahlzeiten: ≤ 5,3 mmol/l
- 1 Stunde nach den Hauptmahlzeiten: ≤ 8,0 mmol/l
- 2 Stunden nach den Hauptmahlzeiten: ≤ 7,0 mmol/l
Auch nach Ende der Schwangerschaft sind regelmässige Kontrollen des Blutzuckers empfohlen, um frühzeitig zu erkennen, ob sich ein Diabetes mellitus Typ 2 entwickelt, da SD die Gefahr dafür erhöht.
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Verlauf, Komplikationen, Besonderheiten
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Erhöhter Blutzucker kann Mütter und ihre ungeborenen Kinder gefährden. Im seltenen und schlimmsten Fall kann der Fötus absterben. Deshalb sollten alle Betroffenen unbedingt etwas gegen SD unternehmen.
Bei den Schwangeren kann sich Bluthochdruck entwickeln, der seinerseits zur Präeklampsie führen kann. Diese Komplikation erfordert eine Einweisung ins Spital. Bei schweren Verläufen können lebensbedrohliche Krisen auftreten. Die Anfälligkeit für Harnwegsinfektionen, Nierenbeckenentzündungen und Scheidenentzündungen steigt. Wegen der meist übergrossen Babys kommt es häufiger zu Komplikationen bei der Geburt, die sich auch negativ auf das Kind auswirken können. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich bei weiteren Schwangerschaften ein SD entwickelt, ist deutlich erhöht. Zudem bilden 30 bis 50 von 100 betroffenen Frauen innert zehn Jahren nach der Schwangerschaft einen Diabetes mellitus Typ 2 aus.
Beim Ungeborenen können durch SD vielfältige Störungen auftreten. Durch den hohen Zuckergehalt wächst es übermässig stark (Makrosomie). Das Geburtsgewicht kann auf 4,5 Kilo und mehr anwachsen. Mit dem zu starken Wachstum sind Entwicklungsstörungen und weitere Risiken verbunden. Häufig reift die Lunge nicht korrekt heran, was zu einem Atemnotsyndrom nach der Geburt führen kann. Das Herz wird möglicherweise zu gross, ist aber schwach. Wegen des hohen Blutzuckers der Mutter stellt auch die Bauchspeicheldrüse des Ungeborenen mehr Insulin her. Nach der Geburt kommt es zur Unterzuckerung. Die Neugeborenen können dauernd schreien, Krämpfe und Atemaussetzer haben. Später im Leben haben die Kinder ein erhöhtes Risiko, übergewichtig zu werden, ein metabolisches Syndrom auszubilden und somit selbst an Diabetes mellitus Typ 2 zu erkranken. Eine angemessene Behandlung senkt die Risiken.
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Ursachen, Risikofaktoren und Häufigkeit
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Im Körper von Schwangeren laufen viele hormonelle Umstellungen ab. Einige sorgen dafür, dass die Zellen mehr Energie in Form von Kohlenhydraten erhalten. Im Blut steigt der Gehalt an Glukose (Traubenzucker), und die Bauchspeicheldrüse stellt mehr Insulin her. Das Hormon bewirkt, dass der Zucker in die Zellen gelangen kann, wodurch der Blutzuckerspiegel sinkt. Doch im zweiten und besonders im dritten Schwangerschaftsdrittel verringern andere Hormone die Empfindlichkeit der Zellen für Insulin (Insulinresistenz). Wenn die Bauchspeicheldrüse das nicht durch weitere Erhöhungen der Insulinmenge auffangen kann, steigt der Blutzuckerspiegel. Weil Insulin grundsätzlich vorhanden ist, sprechen Fachleute hier von einem relativen Insulinmangel. Ungeeignete Ernährung trägt zur Entstehung eines SD bei. Durch SD wiederum wächst das Risiko für Mutter und Kind, später an Diabetes mellitus Typ 2 zu erkranken. Andere Ursachen für SD sind selten. Bei manchen Betroffenen kann die Bauchspeicheldrüse ihre Insulinproduktion nicht steigern. Ebenso ist es möglich, dass ein Diabetes mellitus Typ 1 sich erstmals in der Schwangerschaft zeigt. Auch Fehler in Genen (Mutationen) können zum SD führen.
Risikofaktoren
Bestimmte Faktoren zeigen ein erhöhtes Risiko für SD an, doch in fast jedem dritten Fall erscheint er, ohne dass irgendwelche Risikofaktoren vorliegen. Die Bedeutung der Ernährung für SD ist nicht zufriedenstellend geklärt. Ohne Zweifel wächst durch ungesunde Ernährung die Wahrscheinlichkeit, übergewichtig zu werden, und damit die Gefahr für viele Erkrankungen wie Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und eben auch SD. Bei Letzterem wissen die Fachleute aber noch so wenig über genaue Zusammenhänge, dass sie auf konkrete Empfehlungen zur Ernährung verzichten. Klar ist aber, dass eine gesunde, ausgewogene, ballaststoffreiche Ernährung die Risiken für Komplikationen in der Schwangerschaft verringert. Die Schweizerische Diabetes-Gesellschaft nennt zur SD diese Risikofaktoren:
- Übergewicht mit einem Body Mass Index (BMI) über 25
- Diabetes bei Eltern und/oder Geschwistern
- Schwangerschaftsdiabetes bei einer zurückliegenden Schwangerschaft
- Alter über 30 Jahre
- Wiederholte Fehlgeburten
- Geburtsgewicht früherer Kinder über 4000 Gramm
- Afrikanische, lateinamerikanische oder asiatische Herkunft
Andere Fachorganisationen geben teilweise höhere Grenzwerte für Körper- (BMI > 27) und Geburtsgewicht früherer Kinder (> 4500 Gramm) an. Einige nennen zudem Faktoren, die auf ein erhöhtes Risiko für SD hinweisen können, wenn die Schwangerschaft schon begonnen hat. Dazu gehören ein (mehrfacher) Nachweis von Glukose im Urin, eine vermehrte Fruchtwassermenge (Hydroamnion) und die Einnahme von Glukokortikoiden (z.B. Kortison).
Häufigkeit
SD zählt zu den häufigsten Komplikationen in der Schwangerschaft. In der Schweiz wird er bei fast 5 von 100 Schwangeren diagnostiziert. Doch die Dunkelziffer ist hoch. So geht die Schweizerische Diabetes-Gesellschaft davon aus, dass SD wahrscheinlich bei 10 bis 15% aller Schwangerschaften auftritt. Die Fallzahlen haben zuletzt zugenommen. Die Häufigkeit des SD unterscheidet sich je nach ethnischer Abstammung.
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Vorbeugung
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Die Vorbeugung gegen SD besteht in einer gesunden Lebensweise. Spezielle, gezielte Massnahmen, die sich einzig gegen SD richten, gibt es nicht. Die Risikofaktoren sind entweder nicht beeinflussbar oder von allgemeiner Bedeutung für die Gesundheit. Ein gesundes Leben schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe: Es nützt dem Ungeborenen und der Mutter! Für beide erhöht SD das Risiko, später bestimmte neue Erkrankungen zu bekommen.
- Kontrolle des Blutzuckers: Schwangere sollten die angebotenen Untersuchungen auf Erhöhungen des Blutzuckers wahrnehmen. Wenn Risikofaktoren vorliegen, ist empfohlen, die Tests schon bei ersten Schwangerschaftskontrollen zu machen. Bei Frauen ohne Risikofaktoren sollten sie in der 24. bis 28. Schwangerschaftswoche stattfinden.
- Ernährung: Schwanger zu sein, bedeutet keinesfalls «essen für zwei»! In Studien senkte kalorienreduzierte Ernährung das Risiko für SD um bis zu 60% unabhängig vom Körpergewicht der Teilnehmerinnen. Zum Fasten raten Fachleute schwangeren Frauen allerdings nicht. Das Risiko ist zu gross, dass dabei wichtige Nährstoffe zu kurz kommen. Doch Schwangere sollten nur so viel zu sich nehmen, dass sie nicht übermässig zunehmen. Experten empfehlen, bei fettreichen Speisen, Süssem und Süssgetränken zu sparen und auf rohes Fleisch zu verzichten. Von Vorteil sind dagegen Obst, Gemüse, Vollkornprodukte und Fisch, der nicht durch Schadstoffe belastet ist.
- Übergewicht: Zu üppige Polster am Leib erhöhen nicht nur das Risiko für SD. Ärzte raten Frauen dazu, schon abzunehmen, wenn sie einen konkreten Kinderwunsch hegen. In der Schwangerschaft sollten sie keinesfalls über das übliche Mass hinaus an Gewicht zulegen. Dabei helfen eine geeignete Ernährung und Bewegung.
- Bewegung: Körperliche Aktivität regt den Kreislauf an, verbessert die Sauerstoffversorgung und weitere Körperfunktionen. Aus Studien gibt es Hinweise, dass auch die Häufigkeit von Beschwerden in der Schwangerschaft (z.B. Rückenschmerzen, Verstopfung, Krampfadern, Stimmungsschwankungen) abnimmt. Das Risiko für Frühgeburten soll ebenfalls sinken.
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