In der Schweiz sind rund 10–20 Prozent der Erwachsenen von Bauchbeschwerden betroffen, die sich unter dem Krankheitsbild Reizdarmsyndrom (RDS) zusammenfassen lassen. Häufig treten dabei Bauchschmerzen, Blähungen und Völlegefühl sowie Durchfall oder Verstopfung auf. Die Bauchschmerzen können krampfartig, wellenförmig oder anhaltend sein. Typisch für die Erkrankung ist auch, dass die Beschwerden sich bei Stress verschlimmern und dagegen eine Stuhlentleerung meist eine vorübergehende Linderung bewirkt. Und: Mitunter können die Symptome eines Reizdarms auch auf die Stimmung drücken und psychische Probleme wie Ängste und depressive Verstimmung verschlimmern.
Wie kommt es zu den Beschwerden?
Die Ursachen eines Reizdarmsyndroms sind nach heutigen Erkenntnissen genauso rätselhaft wie die Erkrankung selbst.
Infrage kommen:
- Erhöhtes Schmerzempfinden: Es kann sein, dass bei Personen mit Reizdarmsyndrom ein gestörter Haushalt an Hirnbotenstoffen zu einem höheren Schmerzempfinden führt. Dadurch können Bauchschmerzen auslösende Reize sehr viel schmerzhafter wahrgenommen werden als üblich.
- Veränderte Darmbewegung: Bei der Verdauung wird der Speisebrei normalerweise in einer bestimmten Geschwindigkeit durch den Darm bewegt. Beim Reizdarmsyndrom scheint es hier zu einer Störung zu kommen: Die Darmbewegung kann entweder zu langsam (verstopfend) oder zu schnell ablaufen (bei Durchfall).
- Gestörte Darmflora: Auch ein Ungleichgewicht der natürlich vorkommenden Bakterien im Darm kann zur Entstehung der Krankheit beitragen. Begünstigt wird diese Veränderung durch Einnahme von Antibiotika oder eine einseitige Ernährung.
- Durchlässiger Darm (Leaky-Gut-Syndrom): Die Darmschleimhaut ist eine wichtige Barriere gegen Viren, Bakterien und Giftstoffe. Ist ihre Schutzfunktion beeinträchtigt, können schädliche Substanzen die Darmschleimhaut durchdringen und eine Entzündung auslösen. Auch das Reizdarmsyndrom geht häufig mit einer geschwächten Darmbarriere einher.
- Stress: Dieser kann sowohl Auslöser als auch ein gewichtiger Verstärker der Erkrankung sein, indem er sich über Hirnbotenstoffe auf die Darmfunktion auswirkt.
Wie wird die Krankheit festgestellt?
Um ein Reizdarmsyndrom zu diagnostizieren, müssen Erkrankungen ausgeschlossen werden, die ähnliche Beschwerden verursachen. Dazu gehören Nahrungsmittelunverträglichkeiten, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Infekte und gynäkologische Erkrankungen. Ihre Ärztin oder Ihr Arzt wird daher verschiedene Untersuchungen wie einen Ultraschall des Bauchraums, Blut- oder Atemgastests und eventuell eine Magen- und Darmspiegelung durchführen.
Da die Beschwerden eines Reizdarms so verschieden sind, ist es wichtig, verschiedene Therapieansätze auszuprobieren und herauszufinden, was zu Ihnen passt. Wichtig sind vor allem ganzheitliche Behandlungsstrategien, die nicht nur Symptome lindern, sondern auch mögliche Ursachen wie Stress berücksichtigen.
Essen bei Reizdarmsyndrom
- Nehmen Sie sich Zeit zum Essen.
- Mehrere kleine Portionen über den Tag verteilt sind oft besser verträglich als drei grosse Mahlzeiten.
- Trinken Sie genügend, am besten Mineralwasser ohne Kohlensäure.
- Meiden Sie Genussmittel wie Zigaretten, Alkohol und Kaffee sowie fettreiche, stark gewürzte Speisen und Fertiggerichte.
- Verzichten Sie auf Lebensmittel, die Sie nicht gut vertragen (z.B. Milchprodukte).
Was Sie bei Magen-Darm-Beschwerden tun können
Auch moderate sportliche Aktivität wie Walking, Schwimmen oder Velofahren kann Magen- Darm-Beschwerden positiv beeinflussen. Vielen Patientinnen und Patienten tut moderate körperliche Bewegung gut, da die ruhigen Bewegungsabläufe in Kombination mit der bewussten Atmung Stress und Schmerzen erträglicher machen können.
Um Magen-Darm-Beschwerden zu lindern, steht eine ganze Reihe von Heilpflanzen zur Verfügung, die Sie als Tee, Kapseln, Pulver, Tinktur oder Fertigarznei in der Apotheke bekommen. So wirkt bei Völlegefühl, Blähungen und Bauchkrämpfen beispielsweise ein Tee mit Anis, Fenchel und Kümmel wohltuend. Auch Kapseln mit Pfefferminzöl haben sich bewährt. Ein Tee aus Faulbaumrinden oder Sennesblättern lindert Verstopfungen. Bei Durchfall helfen Eichenrindentee oder Präparate mit Kaffeekohle.
Ein wesentlicher Baustein bei anhaltenden Magen-Darm-Beschwerden ist die richtige Ernährung. Dabei spielt aber nicht nur eine Rolle, was Sie essen, sondern auch wie. Denn schon ein paar einfache Regeln können dazu beitragen, den Darm zu entlasten und Beschwerden zu reduzieren (siehe Seite 16). Vielen Betroffenen hilft auch eine spezielle Diät, in der FODMAP – bestimmte Kohlenhydrate, die im Darm zu starker Gasbildung führen – gemieden werden. Um diese Ernährungsform im Alltag einfach umzusetzen, gibt es zahlreiche Ratgeber und Tabellen mit dem FODMAP-Gehalt von Lebensmitteln.
Bei Magen-Darm-Beschwerden ist auch eine sanfte Bauchmassage wohltuend. Diese können Sie zum Beispiel abends vor dem Schlafengehen durchführen. So geht’s: Legen Sie sich hin, atmen Sie einige Male ruhig ein und aus und massieren Sie Ihren Bauch dann mit sanft kreisenden Bewegungen im Uhrzeigersinn. Anschliessend können Sie ein Kirschkernkissen oder eine Wärmflasche auf den Bauch legen, um die Wirkung der Massage zu vertiefen.
Natürlich ist es nicht möglich, stressigen Situationen ganz aus demWeg zu gehen. Sie können aber bewusste Auszeiten schaffen, um mehr Entspannung in Ihren Alltag zu bringen. Das kann ein Treffen mit Freundinnen und Freunden sein, ein warmes Bad mit Lavendelöl am Abend oder ein gutes Buch, das Sie auf der Couch lesen. Ein Meditationskurs oder ein Achtsamkeitstraining kann ebenfalls helfen, besser mit Stress umzugehen.