Wie oft stellen Sie in der Apotheke selbst Arzneimittel her und welche sind dies typischerweise?
Wir sind stolz auf die Vielzahl an rezeptfreien Hausspezialitäten, die wir in unserem Labor herstellen und die es nur bei uns zu kaufen gibt. Da deren Herstellung zum Teil sehr aufwendig ist und viel Planung benötigt, werden sie nur ein paar mal im Jahr, dafür aber in grossen Mengen hergestellt. Ein- bis mehrmals täglich fertigen wir zudem Einzelherstellungen für Kunden auf ärztliche Verordnung an, so genannte Magistralrezepturen. Dabei handelt es sich meist um Salben und Cremes, die es mit den verordneten Wirkstoffen oder in der gewünschten Konzentration auf dem Markt nicht bereits fixfertig gibt. Es können aber auch Kapseln und Sirupe mit speziellen Dosierungen für besondere Bedürfnisse sein. Das kommt nicht so oft vor, ist aber für betroffene Personen und deren Umfeld besonders wichtig. Ein zunehmend wichtiges Thema sind auch Ersatzherstellungen von Medikamenten, die von den Pharmaherstellern vorübergehend nicht verfügbar sind.

Welche Arten von Arzneimitteln dürfen Apotheken generell selbst herstellen?
Sofern die gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden und die Apotheke entsprechend ausgestattet ist (Räumlichkeiten, Laborausstattung, Ausbildung), darf grundsätzlich jede Apotheke mit Herstellbewilligung Arzneimittel herstellen. Die Anforderungen können aber je nach Medikament enorm hoch sein, sodass in der Praxis beispielsweise Augentropfen oder Injektionslösungen nur von ganz wenigen spezialisierten Apotheken hergestellt oder von speziellen Herstellbetrieben direkt an die Apotheke geliefert werden.

Was muss bei der Produktion solcher Arzneimittel alles beachtet werden?
Arzneimittel werden gemäss der so genannten «Guten Herstellungspraxis» (GMP) hergestellt. Als Schweizer Apotheke müssen wir die Vorschriften der schweizerischen und der europäischen Pharmakopöe* einhalten. Dies sind dieselben Vorschriften, wie sie für die grossen Pharmahersteller gelten, jedoch in gewissen Bereichen an die Möglichkeiten einer Apotheke angepasst. Ebenfalls zu beachten sind das schweizerische Heilmittelgesetz und zusätzliche kantonale Vorschriften oder interne wie etwa ein Qualitätssicherungssystem.

Wie läuft die Herstellung eines entsprechenden Arzneimittels ab und welche Ausstattung wird dafür benötigt?
Die benötigte Ausstattung ist vom jeweiligen Produkt abhängig. Bestimmte Vorgehensweisen bleiben aber immer gleich: Vor Herstellungsbeginn wird jeweils ein Herstellungsprotokoll vorbereitet und die Herstellung erhält eine Chargen-Nummer. Es wird kontrolliert, ob die verschriebene Zusammensetzung plausibel ist, ob die Mengenangaben stimmen und ob vom Wirkstoff bis zum Abgabebehältnis alles Notwendige vorhanden ist. Der passende Arbeitsplatz wird vorbereitet und desinfiziert, Waagen werden geprüft und es wird alles in der geplanten Reihenfolge bereitgestellt. Die herstellende Person trägt aus hygienischen Gründen, aber auch zum eigenen Schutz, während der Herstellung Handschuhe, Schutzmaske und Haarnetz. Obwohl bei uns alle Herstellungen nur durch entsprechend ausgebildetes Fachpersonal ausgeführt werden, muss jede Herstellung zum Schluss zusammen mit dem ausgefüllten Protokoll durch die Apotheker kontrolliert und freigegeben werden. Erst danach ist die Abgabe an die Kundschaft zulässig.

«Ein zunehmend wichtiges Thema sind Ersatzherstellungen von Medikamenten, die von den Pharmaherstellern vor übergehend nicht verfügbar sind»
Florian Schönholzer

Wie lange dauert die Herstellung eines Arzneimittels in der Apotheke in etwa?
Das ist ganz unterschiedlich. Für eine einfache Creme rechnen wir im Optimalfall mit etwa einer halben Stunde, bei einer komplexen Hausspezialität kann es auch mehrere Tage dauern.


Welche Herausforderungen gibt es bei der Eigenproduktion?
Leider betreffen die bereits erwähnten Lieferengpässe nicht nur Medikamente von den Pharmaherstellern, sondern auch zunehmend unseren Herstellungsbereich.

Nachdem während der Corona-Pandemie oft ein Mangel an zugelassenen Abga be- Gefässen herrschte, sind nun eher die Wirkstoffe selbst eingeschränkt verfügbar. Da die verwendeten Substanzen immer den Vorgaben der Pharmakopöe entsprechen müssen, können wir nicht bei jedem be liebigen Lieferanten einkaufen. Das ganze «Drumherum» bei einer Herstellung (Substanzbeschaffung und Lagerhaltung, Prüfungen, Abklärungen und Dokumentation, Abrechnung usw.) wird immer zeitraubender und übersteigt sehr oft den Aufwand für die Herstellung selbst. Wir schätzen es daher ganz besonders, dass die Kundenzufriedenheit bei unseren Hausspezialitäten und das Verständnis der Kundschaft bei Wartezeiten für eine Magistralrezeptur meist sehr hoch ist.

Unterschied Hausspezialität und Magistralrezeptur

  • Hausspezialität: Rezeptfrei, nur in der herstellenden Apotheke erhältlich
  • Magistralrezeptur: Nur auf ärztliche Verordnung, meist individuell hergestellt