Dreck ist nicht gleich Dreck: «Landluft» kann Allergien vorbeugen, während anderer Schmutz krank machen kann. Wir zeigen Ihnen, worauf Sie mit Kleinkindern achten sollten und wo Sie lieber einmal zu viel als zu wenig putzen.

Natürlicher Dreck kann heilsam sein – das zeigt etwa folgendes Beispiel: Die in den USA lebenden Glaubensgemeinschaften der Amischen und der Hutterer ähneln sich stark bezüglich Herkunft und Lebensstil. Und doch erkranken Hutterer-Kinder vier- bis sechsmal öfter an Allergien als die der Amischen. Der vermutlich entscheidende Unterschied: Die Hutterer betreiben industrielle Landwirtschaft mit grossen Feldern, Maschinen und Hightech-Viehställen, die ausserhalb ihrer Dörfer liegen. Amische verwenden dagegen Pferde für die Feldarbeit auf ihren kleinen Äckern, die jeweils zu einer Familie gehören. Die Viehställe, in denen die Kinder häufig spielen, stehen nahe bei den Häusern – die amischen Kinder sind also Dreck und Tieren stärker ausgesetzt.

Für Kinder sind viele Kontakte zu unterschiedlichen Bakterien gut

Tatsächlich bekommen Bauernhofkinder seltener Asthma, Heuschnupfen und andere allergische Erkrankungen als Stadtkinder, weil die unterschiedliche Zusammensetzung an Bakterien in ihrem Umfeld ihr Risiko für eine allergische Reaktion offenbar senkt. Die Kontakte müssen über einen längeren Zeitraum stattfinden: Schon im selben Dorf haben Kinder mit einem Stall am Wohnhaus ein geringeres Risiko für Allergien als Kinder ohne Stall in der Nähe. Aktuell arbeiten mehrere Unternehmen an «Best-of-Stallstaub»-Mitteln für den Hausgebrauch. Marktreif sind sie jedoch noch nicht. Eltern in der Stadt müssen also versuchen, sich den Bauernhofeffekt anders ins Haus zu holen. Generell scheint die Gefahr für allergische Erkrankungen und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen abzunehmen, wenn Kinder oft mit verschiedenen Bakterien in Berührung kommen. Auch der regelmässige Kontakt zu anderen Kindern wie in Krabbelgruppen oder Kindertagesstätten und zahlreiche Geschwister verringern das Allergierisiko. Lassen Sie Ihre Kinder auch häufig im Freien spielen. Es macht nichts, wenn sie da einmal ein bisschen Erde in den Mund nehmen, ungewaschene Daumen lutschen oder schmutzige Fingernägel kauen. Zu viel Dreck kann jedoch schaden: Nach einem ganzen Sandkuchen drohen Bauchweh und Durchfall.

Stadtwohnungen müssen weder strahlend glänzen noch staubig sein

Haustiere beugen ebenfalls Allergien vor und sind höchstens dann akut gesundheitsgefährdend, wenn es in Ihrer Familie schon allergische Erkrankungen gibt. Stadtwohnungsstaub beeinflusst das Allergierisiko hingegen kaum positiv. Grossen Einfluss haben auch die familiäre Veranlagung, die Länge der Stillzeit und die Belastung mit Schadstoffen. In supersauberen Wohnungen steigt das Allergierisiko für Kleinkinder, weil sie dort viel mit Rückständen von Reinigungsmitteln in Berührung kommen.

Stadtwohnungen müssen also weder verstaubt sein noch makellos glänzen. Achten Sie jedoch speziell bei Böden, auf denen Kleinkinder krabbeln, auf eine allergenarme Reinigung. Für die Gesundheit ist die Bodensauberkeit sowieso nur ein Puzzlestein vom Ganzen. Gefahr lauert in Wohnungen eher auf Flächen, die Kontakt zu Lebensmitteln haben, und in der Toilette. Vermeiden Sie es, Keime vom WC in die Küche zu verschleppen. Reinigen Sie beide Bereiche mit separaten Schwämmen oder Lappen, halten Sie diese möglichst trocken und tauschen Sie sie regelmässig aus. Ein gebrauchter Spülschwamm enthält schnell 100 Millionen Bakterien und Pilze!

Nichts geht über Handhygiene!

Am wichtigsten drinnen und draussen ist aber die Handhygiene. Waschen Sie nach jedem Toilettengang gründlich die Hände, aber auch, sobald Sie nach Hause kommen. Haben Sie unterwegs Türklinken, Haltegriffe, Tastaturen, Touchscreens und andere Gegenstände angefasst, die auch viele andere Menschen berühren? Wenn Sie sich dann mit ungewaschenen Fingern ins Gesicht fassen, können Sie sich mit einer Erkältung, Grippe und anderen Infektionskrankheiten anstecken. Allein auf einer einzigen Türklinke können sich 100’000 Keime tummeln.