Mit einer tennisballgrossen Zyste im Unterleib fing alles an. «Das ist nichts Schlimmes, so etwas kann es schon mal geben» – so lautete die Aussage von Katrin Spirigs damaligem Arzt. Weil er ihr gegenüber jedoch widersprüchliche Angaben machte, was die Behandlung betraf, beschloss sie, eine Zweitmeinung einzuholen. Dabei stellte sich heraus, dass Spirig wohl bereits seit ihrer Jugendzeit unter Endometriose leidet. Bei dieser chronischen Erkrankung lösen sich Zellen der Gebärmutterschleimhaut ab und wachsen an verschiedenen Orten in der Bauchhöhle wieder an, zum Beispiel an den Eierstöcken, dem Darm oder dem Bauchfell. Beginnen diese sogenannten Endometriose-Herde dann zu bluten, kann dies insbesondere während der Periode starke Schmerzen verursachen. Endometriose beginnt häufig zwischen dem 20. und dem 30. Lebensjahr, in einigen Fällen jedoch bereits mit der ersten Monatsblutung. Die Krankheit betrifft etwa jede 10. Frau. In der Schweiz sind dies rund 190 000 Betroffene.

«Dass mein Mann, meine Familie und die engsten Freunde meine Entscheide immer mitgetragen haben, war eine grosse Unterstützung für mich.»
Katrin Spirig

Die Diagnose habe ihr die Bestätigung gegeben, dass die Schmerzen, die sie über all die Jahre hinweg hatte, eben nicht «normal» gewesen seien, erzählt Katrin Spirig. Worte, die sie immer wieder und von verschieden Ärzten zu hören bekam. «Im Nachhinein gesehen war ich damals vielleicht auch etwas naiv, weil ich den Ärzten einfach glaubte, obwohl ich zum Teil unter kaum aushaltbaren Schmerzen litt», ergänzt die 42-Jährige. Deshalb rät sie besonders jungen Frauen, die während der Periode starke Schmerzen haben, hartnäckig zu bleiben und sich nicht einfach mit verharmlosenden Aussagen und Schmerzmedikamenten abspeisen zu lassen. Konkret empfiehlt sie Betroffenen, im Zweifelsfall eine Zweitmeinung einzuholen und sich auch über unterstützende Behandlungsmethoden aus der Komplementärmedizin, wie zum Beispiel Akupunktur oder Phytotherapie (Pflanzenheilkunde), zu informieren. «Die Krankheit hat mich gelehrt, besser auf meinen Körper zu hören», so Spirig.

«Ein Ausmass, mit dem ich nicht gerechnet hatte»

Nach der Diagnose öffneten die Ärzte bei Spirig in einem ersten Schritt die Zyste, damit die darin angestaute Flüssigkeit abfliessen konnte. Direkt anschliessend wurde sie mittels einer Hormonspritze für drei Monate in die Wechseljahre versetzt. Dies, damit  sich die Endometriose-Herde beruhigen konnten und bei der folgenden Operation, in der die Herde entfernt wurden, nicht zu viel Blut verloren ging. Weil die Blase ebenfalls von Endometriose-Herden befallen war, mussten die Ärzte Katrin Spirig auch einen Teil davon entfernen. «Nach dieser Operation war ich zum ersten Mal seit der Diagnose richtig geschockt, weil meine Krankheit nun doch ein Ausmass angenommen hatte, mit dem ich nicht gerechnet hatte», erzählt sie. Probleme mit ihrer Blase hat sie bis heute zum Glück keine – nicht zuletzt auch dank fleissigem Beckenbodentraining.

Endometriose ist nicht heilbar – weder durch eine Hormontherapie noch durch Operationen. Es können sich jederzeit wieder neue Endometriose-Herde bilden, die zu erneuten Schmerzen führen können. Bei Katrin Spirig war dies bereits rund ein Jahr nach der Operation wieder der Fall. Vor drei Jahren fällte Katrin Spirig schliesslich einen tiefgreifenden Entscheid: Sie entschloss sich, die Gebärmutter entfernen zu lassen. Dies, obwohl sie noch im gebärfähigen Alter war und eigentlich auch einen Kinderwunsch hatte. «Ich hatte nun schon so lange Schmerzmittel genommen, es immer wieder mit der Pille versucht und mich bereits zwei Eingriffen unterzogen – aber nichts davon brachte eine dauerhafte Besserung in Bezug auf die Schmerzen», begründet Spirig ihren Entschluss.

Zudem hätten sie und ihr Mann mehrere Jahre lang erfolglos versucht, auf natürlichem Wege ein Kind zu bekommen. Eine künstliche Befruchtung kam für das Paar allerdings nicht in Frage. Insbesondere weil eine solche B handlung immer auch grosse psychische und körperliche Belastungen mit sich bringt. Dass Frauen mit Endometriose Mühe haben, schwanger zu werden, ist keine Seltenheit. Da die Krankheit verschiedene Organe zu verschiedenen Zeitpunkten befallen kann, ist auch ihre Auswirkung auf die Fruchtbarkeit von Frau zu Frau verschieden. Die Entfernung der Gebärmutter sei für sie schliesslich die beste Möglichkeit gewesen, um endlich – zumindest für eine längere Zeit – schmerzfrei leben zu können und sich nicht mehr durch die Krankheit  einschränken lassen zu müssen, erklärt Spirig weiter.

Seit drei Jahren schmerzfrei

Mittlerweile lebt Katrin Spirig seit drei Jahren schmerzfrei und geniesst ihr Leben so, wie es ist. Die lebensfrohe, aufgestellte Frau lebt als Architektin ihren Traumberuf. Mit ihrem Mann – ebenfalls ein Architekt – geht sie gerne auf Reisen, erkundet  unterschiedliche Städte und lässt sich von deren Bauwerken für ihre Arbeiten inspirieren. Wenn dann noch genug freie Zeit bleibt, verbringt sie diese mit ihren insgesamt fünf Neffen und Nichten sowie ihrem Patenkind. Damit, dass sie selber niemals Kinder  haben wird, hat sich Katrin Spirig mittlerweile bestens arrangiert. Dies sei aber keinesfalls immer einfach gewesen. Sie habe sich immer wieder in Erinnerung gerufen, dass es ein bewusster Entscheid gewesen sei und es ihr und ihrem Mann damit gut gehe. 

«Dass mein Mann, meine Familie und die engsten Freunde meine Entscheide immer mitgetragen haben, war eine grosse Unterstützung für mich.»