Purzelbäume schlagen, Ringelreihen spielen oder auf der Achterbahn fahren: Was Kinder verzückt, löst wohl bei vielen Erwachsenen nur schon beim Drandenken eine unbehagliche Vorahnung an Unwohlsein, Übelkeit oder Erbrechen aus. Kommt man nicht darum herum, das Grosskind, die Tochter oder den Göttibub dabei zu begleiten, kann dies eine Gleichgewichtsunsicherheit, einen sich bewegenden Horizont oder eine leichte Benommenheit auslösen: alles Symptome von Schwindel. Doch während Schwindel in diesem Fall unbedenklich und vor allem die Ursache schnell gefunden ist, kann er mitunter auch als ungebetene Überraschung auftreten. Das ist nicht nur äusserst unangenehm, sondern vermag auch Angst auszulösen und sollte nicht verharmlost werden. Doch was ist Schwindel genau? Und vor allem: Was kann man dagegen tun?
Wenn ungewohnte Signale das Gehirn überfordern
Unser Gehirn vollbringt auch für den Gleichgewichtssinn Erstaunliches: Es verarbeitet in Sekundenschnelle Informationen aus unterschiedlichen Quellen und schickt daraufhin Befehle zurück an unsere Muskeln. Dieser Schaltkreis ermöglicht uns unter anderem das Gleichgewicht zu halten: aufrecht gehen, gerade auf einem Stuhl sitzen oder sich drehen, ohne aus der Balance zu kommen. Beim Gleichgewicht spielen verschiedene Faktoren zusammen. Vereinfacht gesagt, benötigen wir für das Gleichgewicht drei verschiedene Dinge: erstens den Gleichgewichtssinn, bestehend aus dem Gleichgewichtsorgan, dem Sehsinn und Sensoren, zweitens das Gehirn und drittens den Bewegungsapparat, um den Körper ins Lot zu bringen.
Die meisten Fälle von Schwindel sind gut behandelbar.
Das Gleichgewichtsorgan sitzt im Innenohr: Dieses beinhaltet – angrenzend zur Hörschnecke – auch die sogenannten Botengänge, welche die Bewegungen unseres Körpers im Raum registrieren. Dies geschieht mithilfe einer Flüssigkeit, die je nach Bewegungsart die Fliessrichtung ändert. Unterstützt wird das Gleichgewichtsorgan von Sensoren in unseren Muskeln und Sehnen: Sie reagieren auf Druck und Verformung und können dadurch Informationen zur Bewegung, Haltung und Position des Körpers aufnehmen. Sowohl das Gleichgewichtsorgan im Innenohr als auch die Bewegungssensoren schicken die Informationen an das Gehirn. Dort angekommen, wird alles verarbeitet. Zusätzliche Informationen zur Position unseres Körpers in dessen Umgebung liefern zudem die Augen. Anschliessend schickt das Gehirn Befehle zurück an die Muskeln. Sie ermöglichen unserem Körper, seine Position zur Balance anzupassen – und dies alles, ohne dass wir es bewusst wahrnehmen würden.
Anders sieht es aus, wenn der Gleichgewichtssinn durcheinandergerät: Dies passiert, wenn ungewohnte Signale ans Gehirn gelangen, wie zum Beispiel auf der Achterbahn: Die Sensoren in den Muskeln und Gelenken, das Gleichgewichtsorgan im Innenohr sowie die Augen senden während der rasanten Fahrt unterschiedlichste Informationen ans Gehirn. Und dies wiederum weiss wortwörtlich nicht mehr, was oben und unten ist – und reagiert mit Schwindel.
Aufgepasst bei unklarer Ursache
Nun kann es passieren, dass einer der Faktoren im Gleichgewichtssystem – also die Sensoren des Gleichgewichtsorgans, das Gehirn oder der Bewegungsapparat – bei einer Erkrankung in Mitleidenschaft gezogen wird und da - durch Schwindel auftreten kann; auch ganz ohne Achterbahnfahrt. So können etwa eine Entzündung im Innenohr oder auch eine Blutdruckschwankung, eine Unterversorgung der Hirnzellen bei einer Blutung, Erkrankungen der Nerven sowie gewisse Medikamente Schwindel auslösen. Schwindel kann auch psychische Ursachen haben: Beispielsweise vermögen Stress und Angstzustände Schwindel auszulösen.
Zudem kann Schwindel – direkt oder indirekt – in Zusammenhang mit Infektionen, Fehlbildungen, Tumoren sowie verschiedenen Herz-, Gefäss- und Stoffwechselerkrankungen stehen. So nehmen viele Menschen mit Zuckerkrank heit (sogenannter Diabetes; einer Stoffwechselkrankheit, welche sich durch einen langfristig erhöhten Zuckergehalt im Blut auszeichnet) Medikamente zur Senkung des Blutzuckerspiegels. Gewisse dieser Medikamente können zu einer Unterzuckerung führen, sodass das Gehirn ungenügend mit Energie versorgt ist. Es kann dadurch nicht die volle Leistung abrufen – ein Symptom daraus kann Schwindel sein. Auch Schädigungen der Blutgefässe durch eine Gefässverkalkung – begünstigt durch Diabetes und/oder einen zu hohen Cholesterinspiegel im Blut – können sich auf das Gleichgewichtsorgan im Innenohr auswirken und Schwindel hervorrufen.
Was also tun?
Schwindel ist nicht nur unangenehm, sondern kann auch Angst und Unbehagen auslösen. Es droht die Gefahr, zu stürzen und sich dabei zu verletzen. Oder der Schwindel ist derart stark, dass man sich gar nicht erst mehr bewegen mag. Für Menschen mit Diabetes gilt es, zusammen mit einer Ärztin oder einem Arzt die Blutzuckerwerte über die Ernährung und die Medikamente gut einzustellen. Ein gesunder Lebensstil kann bestimmten Stoffwechselerkrankungen, die auch mit Schwindel in Verbindung gebracht werden, vorbeugen.
Die meisten Fälle von Schwindel sind gut behandelbar, bedürfen dazu aber meist einer Abklärung durch medizinische Fachpersonen. Dabei wird untersucht, welche zugrunde liegende Erkrankung die Schwindelgefühle auslöst. Übrigens kann Schwindel auch bei Kindern auftreten; jedoch seltener und mit anderen Ursachen im Fokus als bei Erwachsenen.