Vorsicht vor Viren: Infektionen bei chronischen Erkrankungen
Menschen mit einer chronischen Krankheit plagen sich oft mehrere Wochen mit einem Infekt herum. Was gilt es dabei zu beachten?

«Ich stehe in der U-Bahn und links und rechts von mir wird gehustet und geniest. Ich kann förmlich sehen, wie die Viren durch die Luft schleudern. Kaum jemand anderes in der U-Bahn nimmt diese Tatsache überhaupt wahr, ich zwangsläufig schon. Denn ich fürchte mich vor jeder Erkältung die ich mir einfangen könnte.» Für Karina Sturm wäre eine Erkältung nämlich eine Katastrophe, weil sie gleich an mehreren chronischen Krankheiten leidet: dem Ehlers-Danlos-Syndrom (einer schweren Bindegewebserkrankung mit Halswirbelsäuleninstabilität), dem Mastzellaktivierungssyndrom (mit Ausschlägen, Schwindel, Atemproblemen) und einer Dysautonomie (mit fehlender Verdauungssteuerung und ständigem Abfall des Blutdrucks). Die junge Frau spricht sehroffen über ihre Leiden und tut alles, um die Symptome ihrer Krankheiten zu kontrollieren. Wenn sie jedoch trotz aller Vorsichtsmassnahmen von einem grippalen Infekt erwischt wird, bricht ihr fragiles gesundheitliches Kartenhaus in sich zusammen.
Auch bei vielen anderen chronischen Erkrankungen kann eine Infektion unliebsame Folgen haben.
Diabetes
Bei Menschen mit Diabetes bringen schwere Erkältungen häufig den Blutzucker durcheinander. Allerdings kann das von Patient zu Patient verschieden sein. Manche reagieren schon auf eine einfache Erkältung, andere erst bei einer ausgewachsenen Grippe. Da bei einer akuten Infektion die Insulinwirksamkeit herabgesetzt ist, steigen die Blutzuckerwerte oft an. Vor allem bei schweren Infekten müssen Betroffene dann möglicherweise die Medikamentendosis erhöhen oder mehr Insulin spritzen, da sonst eine Stoffwechselentgleisung droht. Sogar bei ansonsten nicht insulinpflichtigen Typ-2-Diabetikern kann eine Grippe eine vorübergehende Insulintherapie erforderlich machen. Auf der anderen Seite können Durchfall oder Erbrechen auch das Gegenteil bewirken, nämlich eine Unterzuckerung. Um das zu vermeiden, kann es nötig werden, das Insulin oder die Tablettendosis zu senken. Gerät bei einem Infekt der Blutzucker durcheinander, scheidet der Körper verstärkt Glukose über die Nieren aus und verliert dadurch viel Wasser. Grosse Wassermengen schwitzt der Körper aber auch bei Fieber aus. Dann ist es besonders wichtig, ausreichend zu trinken. Aus all diesen Gründen sollten Diabetiker bei einer schweren Erkältung oder einer Grippe ihren Blutzuckerspiegel engmaschig kontrollieren und die Dosis der Medikamente gemeinsam mit einer medizinischen Fachperson anpassen.
Multiple Sklerose
Bei Menschen mit Multipler Sklerose (MS) können schwere Erkältungen zu einer vorübergehenden Zunahme der krankheitsbedingten Beschwerden führen. In seltenen Fällen lösen solche Virusinfekte sogar einen MS-Schub aus. So müssen einer Studie zufolge MS-Patienten aufgrund einer Grippeerkrankung deutlich häufiger im Spital behandelt werden als Menschen ohne diese Grunderkrankung. Deshalb sollten MS-Patienten besonders darauf achten, den Kontakt zu Grippekranken zu vermeiden und die üblichen Hygienemassnahmen, wie zum Beispiel häufiges Händewaschen, einzuhalten. Zudem wird Menschen mit MS empfohlen, sich gegen Grippe impfen z u lassen. Wichtig zu wissen: Die Grippeimpfung selbst löst keine Krankheitsschübe aus. Allerdings sollte während eines MS-Schubes nicht geimpft werden. Auch ist zu beachten, dass bestimmte Multiple Sklerose-Therapien einen Einfluss auf die Impfwirkung haben können.
Chronisch obstruktive Lungenkrankheit (COPD)
Ein grippaler Infekt ist für Menschen mit chronisch obstruktiver Lungenkrankheit (COPD) häufig mit einer deutlichen Zunahme der Krankheitssymptome verbunden. Mehr noch: Bereits eine einfache Erkältung ist in der Lage, einen gefürchteten Krankheitsschub (eine sogenannte Exazerbation) auszulösen und damit die Lungenfunktion dauerhaft zu verschlechtern. Wie aus einer Studie des Universitätsspitals Basel hervorgeht, kann durch eine vorbeugende kurzzeitige Erhöhung der Dosis der bronchialerweiternden und kortisonhaltigen Medikamente zu Beginn einer Erkältung die Zahl schwerer Krankheitsschübe deutlich reduziert werden. Davon profitieren vor allem Personen mit schwerer COPD und einem hohen Risiko für erneute Krankheitsausbrüche. Überdies wird bei COPD sowohl eine Influenza- als auch Pneumokokken-Schutzimpfung empfohlen.
HIV
Menschen mit einer Immunschwäche wie HIV sind anfälliger für einen komplizierten Verlauf einer Grippe und auch für Komplikationen wie Pneumonien. Daher wird HIV-Patienten grundsätzlich empfohlen, sich jährlich gegen die Grippe impfen zu lassen, und zwar unabhängig vom Immunstatus.
Asthma
Faktoren wie Stress, Allergene, Tabakrauch oder Wetterwechsel können einen akuten Asthmaanfall auslösen. Dabei kommt es zu einer Verkrampfung der Bronchialmuskulatur, gesteigerter Schleimproduktion sowie Schleimhautschwellungen. Typische Beschwerden sind anfallsartiger Husten, Kurzatmigkeit und Luftnot. Wenn Asthmatiker sich erkälten, erhöht sich das Risiko, einen deutlich schwereren Krankheitsverlauf oder einen Asthmaanfall zu erleiden. In Studien wurde herausgefunden, dass bei nicht-allergischen Asthmaanfällen in der Mehrzahl der Fälle respiratorische Viren (überwiegend Rhinoviren) beteiligt sind. Als Akutmassnahme sollte dann ein bronchialerweiterndes Medikament (Asthma-Spray) eingesetzt werden. Sowohl Erwachsenen als auch Minderjährigen, die unter Asthma leiden, wird eine Grippeimpfung empfohlen.
Herzschwäche
Ein grippaler Infekt kann auch chronische Erkrankungen auslösen. Vor allem das Herz nimmt es einem übel, wenn es bei einer schweren Erkältung nicht geschont, respektive durch Anstrengung zu früh wieder belastet wird. Das geschieht oft bei Sportlern, die Angst davor haben, in einen Trainingsrückstand zu geraten, aber auch bei Menschen, die sich für unabkömmlich im Job halten. Tatsächlich zählt eine Reihe von Erkältungsviren zu den sogenannten kardiotropen Viren, die eine Herzmuskelentzündung auslösen können. Eine solche Myokarditis kann das Herz vorübergehend oder dauerhaft schwächen und schlimmstenfalls einen plötzlichen Herztod verursachen. Um lebensbedrohliche und chronische Komplikationen zu vermeiden, sollte daher jede Erkältung gut auskuriert werden.
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