Herzinsuffizienz
Synonym: Herzmuskelschwäche, Herzschwäche, globale Herzinsuffizienz, Linksherzinsuffizienz, Rechtsherzinsuffizienz
Eine Herzinsuffizienz bedeutet, dass das Herz nicht mehr leistungsfähig genug ist, um so viel Blut durch den Körper zu pumpen, wie der Organismus zum Funktionieren braucht («insuffizient» bedeutet: «nicht ausreichend»). Fachleute sprechen auch von einer Herzschwäche. Wichtigste Symptome sind Atemnot, Schwäche und Erschöpfung. Treten die Symptome innerhalb von wenigen Tagen oder gar Stunden auf, handelt es sich um eine akute Herzinsuffizienz, die als medizinischer Notfall sofort behandelt werden muss.
Eine chronische Herzschwäche dagegen entwickelt sich langsam über Monate oder Jahre. Ausserdem unterscheidet man je nach Bereich, in dem die Herzinsuffizienz auftritt, eine Links- und Rechtsherzinsuffizienz. Sind beide Teile des Herzens betroffen, spricht man von einer globalen Herzinsuffizienz.
Wie eine Herzinsuffizienz behandelt wird, hängt vor allem vom Schweregrad der Herzschwäche ab. Neben der medikamentösen Therapie raten Ärzte dazu, Übergewicht abzubauen und mehr Bewegung in den Alltag zu integrieren. In schweren Fällen kann ein Schrittmacher oder eine Herztransplantation notwendig sein. Schätzungen gehen von mindestens 150'000 Menschen in der Schweiz aus, die an einer Herzinsuffizienz leiden. Das Risiko zu erkranken ist für Männer höher als für Frauen und steigt mit dem Alter.
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Symptome
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Leiden Sie bei geringsten Belastungen an Atemnot?Sammelt sich Flüssigkeit tagsüber an den Beinen und im Bauchraum?
Diese Beschwerden sprechen für eine Herzinsuffizienz. Als Leitsymptome gelten Atemnot, Leistungsschwäche und Müdigkeit beziehungsweise Erschöpfung. Erste Anzeichen bemerken Betroffene oft bei körperlicher Belastung wie Sport, Treppensteigen und Gartenarbeit, während das Herz im Ruhezustand weiterhin seine erforderliche Leistung bringt.
Schreitet die Herzschwäche fort, kommt es auch bei geringen Belastungen oder gar in Ruhe zu Atemnot. Weitere Beschwerden sind Unruhe, Schlaflosigkeit, Herzrasen, anfallsartiger Husten bei Anstrengung und nachts.
Die Symptome unterscheiden sich dabei, ob es sich um eine Linksherzinsuffizienz, eine Rechtsherzinsuffizienz oder um eine globale Herzinsuffizienz handelt, je nachdem, welche Herzkammer von der Leistungsverminderung betroffen ist. Sind beide Kammern betroffen, sprechen die Ärzte von einer globalen Herzinsuffizienz.
Symptome bei Linksherzschwäche
Der linke Teil des Herzens ist derjenige Teil, in den das Blut geleitet wird, das in der Lunge mit Sauerstoff angereichert wurde. Lässt die Pumpleistung der linken Herzkammer immer mehr nach, sind z.B. diese Beschwerden die Folge:
- Kurzatmigkeit, also eine beschleunigte Atmung (Fachbegriff: Tachypnoe), Husten bis hin zu Atemnot (Fachbegriff: Dyspnoe), anfänglich nur bei Belastung, in späteren Stadien auch schon in Ruhe und nachts, kann zu Verkrampfung der Bronchien und pfeifenden Lungengeräuschen führen (herzbedingtes Asthma, Fachbegriff: Asthma cardiale). Typisch ist, dass sich Betroffene oft instinktiv aufrecht hinsetzen und nachts den Oberkörper hochlagern.
- Leistungsschwäche und Erschöpfung
- Periodisch wiederkehrendes An- und Abschwellen der Atemtiefe und des Atemgeräuschs (Fachbegriff: Cheyne-Stokes-Atmung)
- Dauerhafte Müdigkeit und Konzentrationsschwäche bis hin zu Benommenheit, Schwindel und Bewusstseinseintrübungen durch Minderversorgung des Gehirns mit Blut
- Wasseransammlung in der Lunge (Fachbegriff: Ödem) bei fortgeschrittener Linksherzschwäche mit Rasselgeräuschen beim Atmen
- Blaufärbung der Schleimhäute (Fachbegriff: Zyanose) aufgrund des ständigen Sauerstoffmangels
- Starke Abnahme der Flüssigkeitsausscheidung
- Kühle Hände und Füsse sowie kalter Schweiss
Symptome bei Rechtsherzschwäche
Wenn die rechte Herzhälfte nicht mehr richtig pumpen kann, staut sich das Blut in die Körpervenen zurück. Deshalb haben Betroffene z.B. folgende Beschwerden:
- Vermehrter nächtlicher Harndrang (Fachbegriff: Nykturie), weil die Durchblutung der Nieren im Liegen zunimmt und gleichzeitig die angestaute Flüssigkeit zurückfliesst
- Wasseransammlung in den Beinen
- Wasseransammlung im Bauchraum (Fachbegriff: Bauchwassersucht, Aszites)
- Beinödeme an Unterschenkeln und Knöcheln
- Ekzeme und offene Wunden, weil durch die Schwellung des Gewebes die Haut austrocknet, einreisst und sich entzündet
- Ödeme im Bereich der Flanken, der Genitalien und des Gesässes
- Schmerzen im Bereich des rechten Rippenbogens, weil die Leber sich durch den Rückstau mit Blut füllt (Fachbegriff: Stauungsleber)
- Appetitlosigkeit, Völlegefühl und anschliessende Magenschleimhautentzündung (Fachbegriff: Stauungsgastritis)
- Halsvenenstauung
Symptome bei globaler Herzinsuffizienz
In seltenen Fällen liegt ausschliesslich eine Links- oder Rechtsherzinsuffizienz mit einzelnen Symptomen vor, meist ist die Leistungsfunktion beider Herzkammern eingeschränkt. Dann sprechen die Mediziner von einer globalen Herzinsuffizienz mit Symptomen sowohl der Rechts- als auch der Linksherzschwäche.
Formen von Herzschwäche
Je nach den angewendeten Kriterien (betroffener Herzbereich, Verlauf, Funktionsstörung) lassen sich verschiedene Formen von Herzinsuffizienz unterscheiden:
- Akute und chronische Herzinsuffizienz: Treten erste Symptome sehr schnell innerhalb weniger Stunden oder einiger Tage auf, handelt es sich um eine akute Herzinsuffizienz. Entwickelt sie sich über mehrere Monate bis Jahre, so handelt es sich um eine chronische Herzschwäche.
- Kompensierte Herzinsuffizienz und dekompensierte Herzinsuffizienz: Bringt das Herz in Ruhe weiterhin seine Leistung, lautet die Diagnose kompensierte Herzinsuffizienz. Treten Beschwerden schon in Ruhe und bei geringsten Belastungen auf, sprechen Ärzte von dekompensierter Herzinsuffizienz.
- Systolische Herzinsuffizienz und diastolische Herzinsuffizienz: Für Diagnose und Behandlung einer Herzschwäche ist es wichtig, beurteilen zu können, wie gut die linke Herzkammer Blut pumpen und auswerfen kann. Die Höhe des Auswurfanteils wird über die Ejektionsfraktion bestimmt (Fachbegriff: linksventrikuläre Ejektionsfraktion, LVEF). Befindet sich die LVEF unter 40%, liegt eine systolische Herzschwäche vor. Bei einer diastolischen Herzinsuffizienz ist die Pumpfähigkeit weitgehend erhalten geblieben (LVEF > 50%). Seit neuestem haben Fachärzte auch eine Mid-Range-Herzschwäche definiert, die die Lücke zwischen systolisch und diastolisch schliesst.
Klassifikation
Die New York Heart Association (Abkürzung: NYHA) teilt eine Herzinsuffizienz in verschiedene Stadien ein:
- Stadium I oder NYHA I: Die Betroffenen zeigen noch keine körperlichen Beschwerden in Ruhe und bei alltäglicher Belastung, sie bekommen beim Treppensteigen keine Atemnot und fühlen sich auch nicht übermässig erschöpft.
- Stadium II oder NYHA II: Die Betroffenen zeigen leichte Beschwerden bei normaler körperlicher Belastung. Wenn sie z.B. ein Stockwerk nach oben laufen, bekommen sie Atemnot und fühlen sich erschöpft. In Ruhe zeigen sie keine Symptome.
- Stadium III oder NYHA III: Die Betroffenen zeigen Beschwerden wie Atemnot oder Erschöpfung bei leichter körperlicher Belastung und bei geringen körperlichen Aktivitäten wie Hausarbeit und Umhergehen. In Ruhe treten diese Symptome nicht auf.
- Stadium IV oder NYHA IV: Die Betroffenen zeigen nun Beschwerden in Ruhe. Die Beschwerden verschlimmern sich bei der kleinsten körperlichen Belastung. Die Betroffenen werden bettlägerig, fühlen sich trotzdem erschöpft und sind kurzatmig.
Da sich die Beschwerden verbessern oder verschlimmern können, kann sich das Stadium auch kurzfristig ändern.
Sofort einen Notarzt rufen!
- Wenn innerhalb kürzester Zeit das Herz ungewöhnlich schnell schlägt, die Haut blass wird, kalter Schweiss ausbricht und diese Beschwerden sich schnell verschlimmern: All das deutet auf eine akute Herzinsuffizienz hin und ist ein medizinischer Notfall. Rettungsdienst und Notarzt rufen!
- Bei starker Atemnot verbunden mit Unruhe und Erstickungsangst kann es sich um ein akutes Lungenödem handeln: Unbedingt den Rettungsdienst und Notarzt rufen, da Gefahr des Erstickens droht!
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Behandlung
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Ein Spezialist für Herzinsuffizienz ist der Facharzt für Kardiologie. In einem ersten Gespräch fragt der Arzt nach den Beschwerden und der Krankengeschichte. Anschliessend erfolgt eine körperliche Untersuchung, Abnahme von Blut und Einschicken in ein Labor, eventuell ergänzt durch Überprüfung der Herzfunktion mittels Ultraschall oder EKG.
Untersuchungsmethoden in der Übersicht:
- Körperliche Untersuchung: Abhören des Herzens mit dem Stethoskop gibt erste Hinweise auf Herzklappenfehler oder Herzmuskelschwäche, das Abhören der Lunge kann das Erkennen von Wassereinlagerungen ermöglichen. Auch kann der Arzt gestaute Halsvenen, eine vergrösserte Leber und «Wasser in den Beinen» sehen oder ertasten. Ausserdem wird er den Blutdruck messen.
- Laboruntersuchungen: Urin- und Blutuntersuchungen zeigen bei leichtgradiger Herzinsuffizienz keine typischen Veränderungen. Bei fortgeschrittener Herzschwäche mit Leberstauung sollten die Leberenzyme untersucht werden, ebenso ist eine Bestimmung der Nierenfunktion (Kreatininwert), der Elektrolyte Natrium und Kalium, der Schilddrüsenfunktion sowie des Blutbilds und des Nüchternblutzuckers sinnvoll. Ein neu entdeckter Parameter, der sich vor allem für die Verlaufsbeobachtung der schweren Herzinsuffizienz eignet, ist der BNP-Wert (Fachbegriff: natriuretisches Peptid Typ B).
- Herzultraschall (Fachbegriff: Echokardiografie, «Herzecho»): Mittels Herzultraschall kann der Arzt Fehler an den Klappen, an der Struktur der Herzwände und in den Herzinnenräumen erkennen, genauso wie die Grösse der Herzkammern und mit welcher Elastizität sie arbeiten. Mit der Doppler-Technik werden die Blutströme über die Öffnungen der Herzklappen gemessen, mittels Farbdoppler-Sonografie lässt sich der Blutstrom, der das Herz durchfliesst, sichtbar machen.
- Röntgenaufnahme des Brustkorbs (Fachbegriff: Röntgenthorax): Eine Röntgenaufnahme des Brustkorbs zeigt Grösse und Form des Herzens und hilft Lungenstauung und/oder Lungenerkrankungen festzustellen.
- Elektrokardiogramm (Abkürzung: EKG): Ein EKG gibt bei einer Herzinsuffizienz nur indirekte Hinweise wie Zeichen eines überstandenen Herzinfarkts oder einer Herzmuskelverdickung. Im Langzeit-EKG lassen sich Herzrhythmusstörungen aufzeigen. Im Belastungs-EKG zeigt sich die körperliche Fitness der Betroffenen und die Durchblutung des Herzens.
- Weitere Untersuchungen: Eine Herzkatheteruntersuchung soll eine Erkrankung der Herzkranzgefässe (KHK) ausschliessen. Eine Kernspinuntersuchung (Fachbegriff: Kardio-MRT) kann bei Verdacht auf Herzmuskelentzündung sinnvoll sein, eventuell müssen Gewebeproben aus dem Herzen entnommen werden (Fachbegriff: Myokardbiopsie).
Therapie
Die Behandlung einer Herzschwäche ist davon abhängig, um welche Form der Herzschwäche es sich handelt und wie weit die Herzinsuffizienz fortgeschritten ist. Herzinsuffizienz an sich ist nicht heilbar. Selten lassen sich die Beschwerden vollkommen beseitigen.
Generell hat eine Therapie mehrere Ziele. So will eine Behandlung die Beschwerden der Betroffenen lindern und ihre Belastbarkeit steigern, damit sich ihre Lebensqualität verbessert. Ausserdem sollen Aufenthalte im Spital möglichst vermieden oder zumindest verringert werden. Darüber hinaus soll die Therapie mögliche Komplikationen verhindern, um die Lebenserwartung der Betroffenen zu steigern.
Meist bekommen die Betroffenen verschiedene Medikamente, um die Symptome zu lindern und das Fortschreiten der Krankheit zu bremsen. Wichtig ist auch, dass die Betroffenen selbst mithelfen, indem sie ihren Lebensstil auf eine gesunde Lebensweise mit körperlicher Bewegung und Gewichtsreduzierung umstellen. Zudem stehen mehrere operative Möglichkeiten zur Verfügung.
Medikamentöse Therapie
Grundpfeiler einer Behandlung von Herzschwäche sind Medikamente aus der Gruppe der ACE-Hemmer und der Betablocker. ACE-Hemmer lindern – ganz vereinfacht gesprochen – die Beschwerden und bremsen das Fortschreiten der Krankheit. Werden sie von den Betroffenen nicht vertragen, empfehlen die Fachärzte alternativ Mittel aus der Familie der Angiotensin-Rezeptorblocker (kurz: AT1-Rezeptorblocker), die eine ähnliche Wirkung besitzen.
Betablocker (oder: Betarezeptorenblocker) schirmen das Herz gegen negative Wirkung von Stresshormonen des Körpers ab, indem sie deren Andockstellen blockieren.
Diese beiden Mittel werden oft durch sogenannte Aldosteron-Antagonisten ergänzt (auch: Mineralokortikoid-Rezeptorantagonisten), die schon in niedrigen Dosen die Wasserausscheidung aus dem Körper verstärken und dadurch den Krankheitsverlauf verbessern. Für Betroffene, die auf die oben genannten Medikamente wenig ansprechen, gibt es seit kurzem eine als ARNI bezeichnete feste Wirkstoffkombination mit guten Studienergebnissen.
Wie und in welcher jeweiligen Dosis sich die Medikamentenkombination schlussendlich zusammensetzt, ermitteln die Mediziner individuell und gemeinsam mit den Betroffenen. Dabei beginnt die Behandlung meist mit niedrigen Dosierungen, die – je nachdem, wie die Betroffenen die Wirkstoffe vertragen – langsam erhöht werden. Studien zeigen, dass sich die Wirkung der Medikamente mit steigender Dosis verbessert. Da gleichzeitig Nebenwirkungen zunehmen können, gilt es sorgsam und unter Mitwirkung der Betroffenen abzuwägen, mit welcher Dosierung es den Betroffenen am besten geht.
Insgesamt stehen für die Herzinsuffizienz-Therapie folgende Wirkstoffe zur Verfügung:
- ACE-Hemmer: ACE-Hemmer gelten als Goldstandard in der Behandlung der chronischen systolischen Herzinsuffizienz. Sie blockieren einen Eiweissstoff (Fachbegriff: Angiotensin-Konversionsenzym), der im Körper für die Verengung der Blutgefässe sorgt. Durch die Wirkung der ACE-Hemmer (Wirkstoffe sind z.B. Captopril, Enalapril, Ramipril) bleiben die Blutgefässe erweitert und der Blutdruck sinkt. Ein sinkender Blutdruck schont das Herz, weil der Herzmuskel entlastet wird. Eine häufige Nebenwirkung der ACE-Hemmer ist Reizhusten. Die Mittel können mit Betablockern, Diuretika und Aldosteron-Antagonisten kombiniert werden.
- Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten (kurz: AT1-Antagonisten, auch: Sartane): Sartane blockieren die Andockstelle eines blutdrucksteigernden Hormons. Ihr Vorteil ist, dass sie länger wirken und etwas besser vertragen werden als ACE-Hemmer und deshalb auch von den Betroffenen regelmässiger genommen werden. Eingesetzt werden sie aber nur dann, wenn der Patient ACE-Hemmer nicht verträgt (Wirkstoffe: Valsartan, Candesartan, Losartan).
- ARNI (Abkürzung für: Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor): ARNI ist eine feste Kombination aus den beiden Wirkstoffen Valsartan und Sacubitril. Damit verbindet das Arzneimittel die blutdrucksenkende Wirkung des Sartans mit Sacubitril, das entwässernd, gefässerweiternd, blutdrucksenkend und natriumausscheidend wirkt. ARNI lässt sich mit Betablockern, Diuretika und Aldosteron-Antagonisten kombinieren.
- Betarezeptorenblocker (kurz: Betablocker): Betablocker (z.B. Bisoprolol, Carvedilol, Metoprolol) sind Arzneimittel, die im Körper die Wirkung bestimmter Stresshormone hemmen. Diese Stresshormone (Noradrenalin, Adrenalin) regen verschiedene Organe (u.a. das Herz) an. Werden sie blockiert, schlägt das Herz langsamer, Puls und Blutdruck sinken. Die Dosierung der Betablocker wird nur sehr langsam, über Wochen, gesteigert, damit sich der Blutdruck nicht zu schnell und zu stark senkt. Zu den Nebenwirkungen gehören Kopfschmerzen, Verdauungsbeschwerden und zu niedriger Blutdruck.
- Diuretika: Diuretika sind harntreibende Medikamente, die die Wasser- und Kochsalzausscheidung über die Nieren steigern. Dazu gehören Thiazide (z.B. Hydrochlorothiazid) und Schleifendiuretika (z.B. Bumetanid, Furosemid, Piretanid) sowie kaliumsparende Diuretika. Diese Arzneistoffe bewirken eine rasche Besserung von Beschwerden bei allen Graden der Herzinsuffizienz. Die Prognose, d.h. die Sterblichkeit, können sie nicht verbessern. Nebenwirkungen, vor allem bei höherer Diuretikadosierung, sind niedriger Blutdruck, Schwindel und Ohnmachtsneigung.
- Digitalis/Orale Herzglykoside: Digitalis-Präparate wirken bei Vorhofflimmern, einer Herzrhythmusstörung, oder können helfen, die Herzfrequenz zu senken. Sie werden oft in Kombination mit ACE-Hemmern, Betablockern und Diuretika eingesetzt (Wirkstoffbeispiel: Digoxin). Unerwünschte Wirkungen sind Herzrhythmusstörungen, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen und Schwäche.
- If-Kanalblocker (z.B. Ivabradin): Ivabradin ist der Prototyp der neuen Substanzklasse und führt am Herzen zu einer Verlangsamung des Pulses, ohne das Erregungsleitungssystem, die Muskelkraft des Herzens oder den Blutdruck zu beeinflussen. Zu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören Sehstörungen und ein langsamer Herzschlag.
- Mineralokortikoid-Rezeptorantagonist (MRA): Bei den MRA, z.B. den Aldosteron-Antagonisten (Wirkstoffe: Spironolacton, Eplerenon), handelt es sich um Medikamente, die in den Hormonhaushalt eingreifen. Durch die Blockade eines bestimmten Rezeptors verstärken sie die Wasserausscheidung aus dem Körper, während sie gleichzeitig verhindern, dass Kalium ausgeschieden wird, was letztlich das Herz entlastet. Als unerwünschte Wirkungen treten Störungen des Hormonhaushalts auf.
- Pflanzliche Präparate zur Behandlung der Herzinsuffizienz: Auszüge aus den Blüten, Blättern und Früchten des Weissdorns (lat.: Crataegus) verbessern Beschwerden bei nachlassender Leistungsfähigkeit des Herzens und helfen bei nervösen Herzbeschwerden. Weissdornpräparate sind nicht rezeptpflichtig und können in Absprache mit dem Arzt oder Apotheker als Ergänzung zu einer leitliniengerechten Herzinsuffizienz-Behandlung eingesetzt werden. Der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel (HMPC) der Europäischen Arzneimittelagentur rät allerdings davon ab, Weissdornpräparate bei Herzschwäche ab dem Stadium II anzuwenden, da ihre Wirksamkeit nicht belegt ist.
Chirurgische Massnahmen
Operative Massnahmen dienen sowohl der Beseitigung von möglichen Ursachen für die Insuffizienz als auch dazu, die Folgen einer Herzschwäche zu lindern.
Operative Möglichkeiten:
- Herzklappenrekonstruktion: Bei schweren Klappenerkrankungen ist eine Operation mit Klappenrekonstruktion oder -ersatz durch eine biologische oder mechanische Klappenprothese notwendig.
- Ballonkatheter, Stents, Bypass: Führt eine koronare Herzkrankheit zu verengten Herzkranzarterien und Durchblutungsstörungen, lässt sich der Blutfluss durch Ballonkatheter (Fachbegriff: Ballondilatation, perkutane transluminale Koronarangioplastie, kurz: PTCA) wiederherstellen, Stents – auch Gefässstütze genannt – halten die Gefässe offen. Mit einer koronaren Bypass-Operation wird eine Blutgefässbrücke eingebaut, die den Verschluss oder die Verengung einer Arterie umgeht.
- Schrittmacher, Defibrillator: Damit Herzmuskelabschnitte wieder synchron arbeiten, wird ein Schrittmachersystem unter der Haut eingesetzt. Nach einem Herzstillstand oder nach lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen hilft ein implantierbarer Defibrillator, der wie ein Herzschrittmacher eingesetzt wird. Er gibt einen Elektroschock ab, wenn er eine gefährliche Rhythmusstörung erkennt.
- Herztransplantation: Wenn sich die Herzschwäche trotz der Behandlung immer mehr verschlechtert, bleibt einzig eine Herztransplantation. In der Schweiz werden pro Jahr zwischen 30 und 35 Herzen transplantiert. Vorgenommen werden sie in den Universitätsspitälern Zürich, Bern und Lausanne. Eine Herztransplantation führt in der Regel zu einer guten bis sehr guten Lebensqualität und verlängert das Leben (5-Jahres-Überlebenschance ca. 75%). Die postoperativen Folgen nach einer Herztransplantation, insbesondere die lebenslängliche Immunsuppression, sind jedoch nicht unerheblich, weshalb regelmässige Kontrollen an einem Zentrumspital notwendig sind.
- Kunstherzen oder Herzpumpen: Eine Alternative zur Herztransplantation oder Helfer in der Zeit der Überbrückung sind Kunstherzen oder Herzpumpen (Fachbegriff: ventrikuläres Unterstützungssystem), sie werden entweder eingepflanzt oder am Körper getragen.
Therapie von Begleiterkrankungen
Betroffene mit Herzschwäche leiden häufig auch an Begleiterkrankungen. Diese Erkrankungen nehmen mit dem Alter zu und müssen oft ebenfalls behandelt werden. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass mögliche Wechselwirkungen zwischen den Medikamenten der Herzinsuffizienz und der Begleiterkrankungen auftreten können. Die Betroffenen sollten deshalb nicht selbst zu Medikamenten greifen, sondern die Einnahme vorher mit ihrem behandelnden Arzt besprechen.
So eignen sich beispielsweise bestimmte Schmerzmittel wie nicht-steroidale Entzündungshemmer (NSAID) nicht, weil sie eine Herzschwäche akut verschlechtern können. Auch einige Mittel gegen Depressionen sind bei gleichzeitiger Herzinsuffizienz nicht empfehlenswert.
Was die Betroffenen selbst tun können
Betroffene mit Herzschwäche können selbst einiges tun, um ihre Therapie zu unterstützen. Wichtig ist dabei vor allem, Übergewicht abzubauen. Dazu gehören eine ausgewogene Ernährung mit ausbalancierter Kalorienzufuhr, wenig Salz und wenig Alkohol. Erst bei sehr schwerer Herzinsuffizienz ist körperliche Schonung Teil der Behandlung, bis dahin sollte körperliche Bewegung – regelmässig, mässig ausdauernd und in Absprache mit dem behandelnden Arzt – Teil des Alltags sein.
Die Massnahmen im Einzelnen:
- Ernährung: Wer langfristig Gewicht verlieren will, kommt in der Regel um eine Nahrungsumstellung nicht herum. Die Ernährung sollte ballaststoffreich mit Vollkornprodukten, viel frischem Obst und Gemüse sein. Gesunde Öle mit ungesättigten Fettsäuren wie Raps- und Olivenöl und wenig tierische Fette gehören ebenso zu einem gesunden Lebensstil wie wenig Salz und Zucker. Also eher Nüsse statt Schokolade, Fisch statt Fleisch, Salat statt Nudeln.
- Bewegung: Während früher bei Herzinsuffizienz Schonung empfohlen wurde, wissen die Mediziner heute, dass moderate Bewegung die Lebensqualität steigert. Bei Herzinsuffizienz eignen sich Sportarten wie Spazierengehen, (Nordic) Walking, Wandern, Laufen, Schwimmen, Velofahren, Tanzen, Langlaufen und Golfen.
- Flüssigkeitszufuhr: Welche Menge an Flüssigkeit für die jeweiligen Betroffenen geeignet ist, weiss der Arzt. 1,5 bis zwei Liter am Tag gelten als unbedenklich, mehr als zwei Liter sind nicht empfehlenswert.
- Körpergewicht: Um Übergewicht abzubauen, sollten Betroffene sich mit ihrem Arzt absprechen und besser langsam und kontrolliert abnehmen, damit sie ihr Gewicht auch halten können. Selbst für Betroffene mit Normalgewicht (Body Mass Index (BMI): Männer BMI 20–25/Frauen BMI 19–24) empfiehlt es sich, regelmässig das Gewicht zu notieren, denn eine Gewichtszunahme kann ein Hinweis auf Wassereinlagerungen sein. Als Faustregel gilt, dass bei einer Gewichtszunahme von über einem Kilo pro Nacht, über zwei Kilo in drei Nächten oder über 2,5 Kilo in einer Woche sofort der Arzt aufgesucht werden muss.
- Alkoholkonsum und Rauchen: Frauen sollten ihren Alkoholkonsum auf ein Standardgetränk einschränken, Männer auf zwei. Auf das Rauchen sollte wenn möglich komplett verzichtet werden.
- Entspannungsübungen: Autogenes Training, Yoga, Meditation sind Techniken, die helfen, mit Stress umzugehen.
Therapietreue
Therapietreue (Fachbegriffe: Compliance, Adhärenz) bedeutet, ob und inwieweit sich Betroffene an die verordnete und mit ihrem Arzt abgesprochene Therapie halten. Nehmen sie ihre Medikamente regelmässig ein? Gehen sie zu den Kontrolluntersuchungen? Passen sie ihren Lebensstil ihrer Krankheit an? Therapietreue ist wichtig, damit die Krankheit nicht weiter fortschreiten kann. Deshalb empfiehlt sich für die Betroffenen, sich genau erklären zu lassen, warum sie welche Medikamente nehmen sollen und welche Änderung des Lebensstils ihnen wirklich hilft. Viele Fachärzte raten auch zur Führung eines Herztagebuchs, in das Betroffene Gewichtsveränderungen, Beschwerden, Medikamenteneinnahme, Bewegung usw. eintragen, um selbst die Kontrolle über Krankheit und Therapie zu erhalten.
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Verlauf, Komplikationen, Besonderheiten
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Welchen Verlauf eine Herzschwäche nehmen kann, hängt von der Form der Herzinsuffizienz ab. Eine akute Herzinsuffizienz entwickelt sich innerhalb von Stunden oder Tagen, während die chronische Herzschwäche im Verlauf von Monaten oder Jahren entsteht. Dabei schreitet die Herzinsuffizienz schleichend fort, denn dem Körper gelingt es lange, die Herzschwäche auszugleichen. Er entwickelt einen eigenen Mechanismus, um die Pumpleistung des Herzens aufrechtzuerhalten. Das Herz vergrössert sich oft und die Herzschlagfrequenz erhöht sich. Ebenso passen sich die Gefässe, das Hormonsystem und die Nierenfunktion an die Herzschwäche an. Deshalb spüren die Betroffenen anfänglich nur, wie ihre körperliche Leistungsfähigkeit nachlässt.
Wie sich eine diagnostizierte Herzschwäche weiterentwickelt, lässt sich selten vorhersagen. Für Betroffene, die sich an ihren Therapieplan mit Medikamenteneinnahme und ausgeglichener Lebensweise halten, verringert sich das Risiko, dass sich die Krankheit verschlimmert oder gar zum Tod führt. Dennoch kann es immer wieder zu Veränderungen oder zur Verstärkung der Symptome kommen.
Je weiter das Pumpversagen des Herzens voranschreitet, umso höher wird die Wahrscheinlichkeit bösartiger Rhythmusstörungen, die zum Herztod führen können.
Komplikationen
Als Komplikationen können neben Herzrhythmusstörungen und Herzversagen u.a. auch folgende auftreten:
- Akutes Nieren- oder anderes Organversagen
- Schädigung der Leber
- Thrombosen
- Schlaganfall
Besonderheiten
Selten kommt es zu einer akut einsetzenden Funktionsstörung des Herzmuskels. Nach einem emotional stark belastenden Ereignis erleiden vorwiegend ältere Frauen eine lebensbedrohliche Herzschwäche, die sogenannte Stress-Kardiomyopathie. Mit der Zeit stabilisiert sich die Herzfunktion im Allgemeinen wieder und das Herz funktioniert wie gewohnt weiter.
Herz und Niere können gleichzeitig in ihrer Funktion gestört sein und sich gegenseitig beeinflussen. Führt eine Herzerkrankung zur Schädigung der Niere, sprechen die Mediziner von kardiorenalem Syndrom. Schädigt die Nierenerkrankung aber das Herz, lautet der Fachbegriff renokardiales Syndrom.
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Ursachen, Risikofaktoren und Häufigkeit
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Warum ein Herz nicht mehr richtig funktioniert, kann mehrere Ursachen haben. In die rechte Seite des Herzens kommt das sauerstoffarme Blut aus dem Körper, um weiter in die Lunge transportiert zu werden, wo es mit neuem Sauerstoff angereichert wird. Dieses sauerstoffhaltige Blut fliesst zurück ins Herz, nun in die linke Hälfte, von wo aus es weiter in den Körperkreislauf gepumpt wird. Kann das Herz nicht mehr in ausreichendem Masse pumpen, wirft die linke Herzkammer auch weniger Blut aus. Als Folge werden die Organe nicht mehr mit genügend Blut versorgt (systolische Herzinsuffizienz).
Liegt die Funktionsstörung in der sogenannten Entspannungsphase des Herzens, pumpt das Herz zwar munter weiter, doch die linke Herzkammer wird nicht mehr ausreichend mit Blut gefüllt. Dadurch kann weniger Blut in den Körperkreislauf geführt werden (diastolische Herzinsuffizienz).
Bei der Rechtsherzinsuffizienz ist der Druck in der Lunge erhöht (oft durch eine Schwäche des linken Herzmuskels). Um gegen diesen Druck Blut in die Lunge zu pumpen, muss die rechte Herzkammer mehr Kraft aufwenden. Diese Mehranstrengung führt mit der Zeit zur Überlastung und Schädigung des Herzens. Das Blut staut sich in den Gefässen und es kommt zu Wasseransammlungen in den Beinen und im Bauchbereich.
Risikofaktoren
Bevor sich eine Herzschwäche mit Beschwerden zeigt, weisen viele zukünftig Betroffene Risikofaktoren auf. Vor allem die Grunderkrankungen koronare Herzkrankheit und Bluthochdruck führen zur Entstehung von Herzinsuffizienz.
Risikofaktoren im Einzelnen:
- Bluthochdruck: Bei Bluthochdruck muss das Herz dauerhaft stärker pumpen. Auf lange Zeit hält es diese Belastung aber nicht aus – die Pumpleistung lässt nach.
- Koronare Herzkrankheit, Herzrhythmusstörungen, Herzmuskelentzündungen und -erkrankungen, Herzklappenfehler
- Infektionen
- Alkohol-, Drogen- und Medikamentenmissbrauch
- Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus und Schilddrüsenfehlfunktion
- Genetische Faktoren
- Lungenemphysem und COPD
- Pathologisch erhöhter Durchblutungsbedarf, z.B. bei Blutarmut oder Schilddrüsenüberfunktion
Häufigkeit
Angaben über die Häufigkeit der Herzinsuffizienz schwanken in den Quellen, vermutlich weil sie sich auf unterschiedliche Definitionen beziehen. Meist werden nur die Betroffenen im NYHA-Stadium II–IV gezählt, da das Stadium I keine Beschwerden verursacht. Die meisten Angaben sprechen von 150'000 Menschen mit Herzinsuffizienz in der Schweiz. Eine Herzschwächeerkrankung betrifft deutlich mehr Männer als Frauen und mehr alte als junge Menschen.
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Vorbeugung
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Gegen die Entwicklung einer Herzschwäche hilft am besten, einen gesunden Lebensstil zu führen, die Auslöser zu vermeiden und Vorerkrankungen wie Bluthochdruck ernst zu nehmen und sorgfältig zu behandeln. Wichtig ist, Übergewicht abzubauen und sich möglichst viel zu bewegen. Rauchen gilt grundsätzlich als schädlich, bei Alkohol ist ein massvoller Genuss empfehlenswert.
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TopPharm hilft!
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Ihr Gesundheits-Coach gibt Ihnen auch gern Auskunft, welches der Medikamente, die Ihr Facharzt Ihnen verschrieben hat, welche Aufgabe bei der Bekämpfung Ihrer Herzschwäche hat. Auch bei Fragen zu Wechselwirkungen und Nebenwirkungen der Wirkstoffe kann Ihnen Ihr Gesundheits-Coach im Rahmen eines Polymedikations-Checks weiterhelfen.
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Wirkstoffe