Borreliose
Synonym: Borrelieninfektion, Lyme-Borreliose, Lyme-Krankheit
Als Borrelien bezeichnet man eine Gattung von Bakterien, man kennt heute 37 verschiedene Borrelienarten. Die meisten können bei Mensch und Tier Krankheiten verursachen. Die in unseren Breiten mit Abstand häufigste Borrelienart heisst Borrelia burgdorferi und wird durch die Schildzecke (Ixodes ricinus, Gemeiner Holzbock) übertragen.
Eine Infektion mit Borrelia burgdorferi bezeichnet man als Lyme-Borreliose. Der Name stammt von dem Städtchen Old Lyme im US-amerikanischen Bundesstaat Connecticut; dort wurde die Lyme-Borreliose 1975 erstmals als eigenständige Erkrankung beschrieben. Wenn im folgenden Artikel von Borreliose oder Borrelieninfektion die Rede ist, dann ist damit immer die Lyme-Borreliose gemeint. Auf der Nordhalbkugel ist die Lyme-Borreliose die häufigste durch Zeckenstiche – auch bekannt als Zeckenbiss – übertragene Infektionskrankheit.
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Symptome
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Stadium I
Wurden Sie vor ein paar Tagen, vor einer oder mehreren Wochen von einer Zecke gestochen, und nun hat sich rund um die Einstichstelle eine kreis- oder ringförmige Hautrötung gebildet?Dann sollten Sie sich noch heute in ärztliche Behandlung begeben, denn so äussert sich in der Regel Stadium I einer Borrelieninfektion. Die auffällige Hautrötung beginnt an der Einstichstelle, dann bildet sie einen Kreis, der sich allmählich immer weiter ausbreitet und vergrössert.
Typischerweise blasst die Rötung in den Hautabschnitten ab, die innerhalb des Kreises liegen, es entsteht ein Ring. Weil der rote Ring dabei immer weiter nach aussen wandert, nennt man diese charakteristische Hauterscheinung auch Wanderröte (Erythema migrans). Gelegentlich bleibt auch der gesamte Kreisinhalt gerötet. Manchmal ist das Erythema migrans von grippeähnlichen Symptomen begleitet, wie Fieber, Glieder- oder Kopfschmerzen und Abgeschlagenheit.
Gelegentlich kann während des ersten Stadiums der Borrelieninfektion an mehreren Stellen der Haut ein Erythema migrans auftreten. Es können sich zudem bläulich-rötliche Knötchen (Borrelien-Lymphozytome) der Haut bilden, typischerweise an Ohrläppchen, Brustwarze, Nasenflügel oder Hodensack. Manchmal bleibt das erste Stadium einer Borrelieninfektion aber auch gänzlich unbemerkt.
Stadium II – Befall von Nervensystem oder Herz
Bei 15 von 100 Infizierten kommt es in der Regel nach drei bis vier Wochen, gelegentlich auch bereits nach einer Woche oder mit bis zu achtzehn Wochen Abstand zu einem zweiten Stadium der Erkrankung mit Nervenbefall (Neuroborreliose, lymphozytäre Meningoradikulitis, Bannwarth-Syndrom).
Kennzeichnend sind dann starke, brennende Rückenschmerzen, die in die Arme oder Beine ausstrahlen und sich beim Hinlegen verstärken. Lähmungen im Gesicht und an Armen und Beinen können hinzukommen. Bei Erwachsenen selten, bei Kindern etwas häufiger geht das zweite Krankheitsstadium mit einer Hirnhautentzündung (Meningitis) oder Hirnentzündung (Enzephalitis) einher. Dann können unter anderem Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen sowie Bewusstseinstrübungen hinzukommen.
Herzrasen oder -stolpern, Schmerzen im Brustkorb, Kurzatmigkeit und plötzlicher Leistungsabfall können auf den Befall des Herzens mit Borrelien hindeuten und bedürfen der Abklärung und Behandlung durch einen Herzspezialisten (Kardiologen).
Stadium III und Post-Lyme-Syndrom
Das dritte Stadium der Borreliose, auch chronische Lyme-Borreliose genannt, tritt Monate bis Jahre nach dem Zeckenstich (auch Zeckenbiss) auf. Gelenkschmerzen und -schwellungen, am häufigsten an den Kniegelenken, können dabei auf eine borrelienbedingte Gelenkentzündung (Arthritis) hindeuten.
Eine weitere häufige Folge der chronischen Borrelieninfektion sind bläuliche Hautveränderungen; später wird die Haut an den befallenen Stellen dünn und faltig – man spricht von Zigarettenpapierhaut –, sodass die darunterliegenden Adern sichtbar werden. Diese Hauterscheinungen nennt man Acrodermatitis chronica athrophicans oder Herxheimer-Krankheit. Am häufigsten betrifft sie die Streckseiten der Beine.
Sehr selten mündet die Borrelieninfektion in einen chronischen Befall des Nervensystems. Eine chronische Entzündung des Gehirns (Enzephalitis) kann sich unter anderem in Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, Depressionen und Schlafstörungen äussern. Bei einer Enzephalomyelitis (Entzündung von Gehirn und Rückenmark) stehen meist Muskellähmungen, verstärkte Ansprechbarkeit bestimmter Muskeln mit Zuckungen oder Krämpfen (Spastik) und Störungen der Bewegungssteuerung (Koordination) im Vordergrund.
Bei einer Polyneuropathie sind die Nerven ausserhalb von Gehirn und Rückenmark betroffen (periphere Nerven). Eine borrelienbedingte Polyneuropathie äussert sich in der Regel durch Missempfindungen und Gefühlsstörungen, zu Beginn typischerweise an den Händen oder Füssen.
Eine Borrelieninfektion kann auch zu einer chronischen Entzündung von Blutadern (Vaskulitis) im Gehirn führen. Dann ist das Risiko für einen Schlaganfall erhöht. Muskelschmerzen, -zuckungen und -krämpfe können auf eine Muskelentzündung (Myositis) hindeuten.
Nach Ablauf der Erkrankung, das heisst, wenn keine Erreger mehr aktiv sind, können einige Beschwerden, wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Konzentrationsstörungen, Kopf- oder Gelenkschmerzen und Depressionen hartnäckig über Monate oder sogar Jahre bestehen bleiben. Man spricht dann von einem Post-Lyme-Syndrom oder auch von chronischer Lyme-Borreliose.
Verwechslungsgefahr besonders ab Stadium III
Die Zecke, von der man gestochen wurde, auf Borrelien oder andere Krankheitserreger zu untersuchen, hat Experten zufolge keinen erkennbaren Nutzen, unter anderem weil man aus der Infektion der Zecke nicht auf eine Infektion des Blutwirtes schliessen kann. Die Erkennung der Erkrankung ist bei einem Erythema migrans ohnehin sehr einfach und erfordert keine weiteren Untersuchungen.
Besonders in Stadium III können die Symptome jedoch anderen Erkrankungen ähneln, etwa einer Arthrose, einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung (Rheuma) oder einer multiplen Sklerose. Das Post-Lyme-Syndrom kann sich ähnlich äussern wie ein Burn-out, eine Depression oder andere psychische Erkrankungen.
Der Nachweis körpereigener Abwehrstoffe (Antikörper) gegen Borreliose aufgrund von Bluttests ist nicht beweisend, denn bei bis zu einem Viertel der Bevölkerung hat das körpereigene Abwehrsystem (Immunsystem) nach einem Zeckenstich, ohne zu erkranken, einen Schutz gegen Borrelien aufgebaut (stille Feiung). Auch bei diesen Personen sind Borrelien-Antikörper im Blut nachweisbar.
Der Nachweis des Erregers, etwa indem die Probe einer infizierten Körperflüssigkeit im Labor bebrütet wird, ist sehr aufwendig und wird daher nur in Spezialfällen angewandt. Der Vorteil dieser Methode ist, dass ein gelungener Erregernachweis eine Borrelieninfektion zweifelsfrei beweist. Der Nachteil ist, dass ein negatives Ergebnis diese nicht ausschliesst.
Bei Hinweisen auf einen Befall des Nervensystems ist eine Nervenwasseruntersuchung (Liquordiagnostik) notwendig. Die Nervenwasserprobe wird über eine Lumbalpunktion gewonnen.
Bei Gelenksymptomen kann für die Sicherung der Diagnose im Labor das Absaugen von Gelenkschmiere (Gelenkpunktion) mit einer Spritze nötig werden. Je nach Symptomen ist eine Abklärung durch einen Rheumatologen, Neurologen oder Kardiologen unverzichtbar.
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Behandlung
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Unabhängig vom Stadium erfordert die Borreliose immer die Behandlung mit einem Antibiotikum. Je früher damit begonnen wird, desto wirksamer und nachhaltiger ist die Behandlung. Beim Post-Lyme-Syndrom ist eine weitere Antibiotikaeinnahme unwirksam. Die Behandlung orientiert sich dann an den jeweiligen Symptomen.
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Verlauf, Komplikationen, Besonderheiten
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Eine Borreliose kann vermutlich in jedem Stadium beginnen. Bei 98 bis 99 von 100 Betroffenen, die bereits im ersten Stadium behandelt werden, kann die Erkrankung damit ausgeheilt werden, das heisst, sie schreitet nicht bis Stadium II oder III fort.
Auch Stadium II verläuft in der Regel komplikationslos; allerdings kann es zu bisweilen lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen kommen. Stadium III spricht schlechter auf Antibiotika an als frühere Stadien. Die Erfolgsquote liegt beispielsweise bei der Behandlung der borrelienbedingten Gelenkentzündung bei etwa der Hälfte bis zwei Drittel der Betroffenen.
Übrigens treibt der Erreger der Borreliose, Borrelia burgdorferi, in Mitteleuropa mindestens seit 5400 Jahren sein Unwesen. Ötzi, die Gletschermumie aus den Ötztaler Alpen, war nämlich nachweislich mit Borrelien infiziert.
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Ursachen, Risikofaktoren und Häufigkeit
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Die winzige Blutmenge, die eine Zecke aus einem Menschen oder Tier saugt, kann Krankheitserreger enthalten, darunter Borrelien, aber auch andere Erreger wie FSME-Viren. Indem die Zecke ein weiteres Mal zusticht, können diese Erreger auf ein anderes Opfer übertragen werden. In der Schweiz sind je nach Landesteil zwischen 3 und 55 von 100 Zecken Borrelienträger.
Zecken kommen in der Schweiz in Lagen bis 1500 Meter vor, borrelieninfizierte Zecken bis 1200 Meter. Da die winzigen Blutsauger sich mit Vorliebe im Unterholz von Wäldern, in Sträuchern, Hecken und auf Wiesen ansiedeln, haben Menschen, die sich oft und lange dort aufhalten (etwa Forstarbeiter und Landwirte), ein erhöhtes Risiko für zeckenbedingte Infektionskrankheiten.
Aber auch in Städten, etwa in Parkanlagen, an Seen oder in Freibädern können Zecken lauern. Sie sind in der Regel von Frühling bis Herbst aktiv, aber auch in sehr milden Wintern bei Temperaturen über 8 °C. Jedes Jahr erkranken in der Schweiz zwischen 6000 und 12’000 Personen an einer Borreliose.
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Vorbeugung
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Da es gegen Borreliose keine Impfung gibt, kann man diese Erkrankung nur verhindern, indem man Zeckenstiche tunlichst vermeidet und, falls man doch mal gestochen wird, Zecken möglichst frühzeitig von der Haut entfernt. Auch wer an einer Borreliose erkrankt, ist danach nur gegen eine Borrelienart immun. Da es aber verschiedene Unterarten von Borrelia burgdorferi gibt, sollte man sich auch nach einer Borreliose weiterhin gegen Zeckenstiche schützen.
Zecken lauern in der Regel an Grashalmen und Sträuchern maximal einen Meter über dem Boden auf ihr warmblütiges Opfer. Streift man etwa an einem Grashalm entlang, auf dem die Zecke sitzt, dann klammert sich diese an der Kleidung oder der Haut fest und krabbelt an eine Stelle, an der sie gut in die Haut stechen kann.
Daher ist das Tragen geschlossener Fuss- und Beinbekleidung eine wichtige Schutzmassnahme. Glatte Stoffe haben den Vorteil, dass sich Zecken nicht gut daran festklammern können. Auf heller Kleidung sind Zecken leichter erkennbar als auf dunkler.
Zeckenschutzmittel richtig anwenden
Es gibt auch spezielle Schutzmittel (Repellents) gegen Zecken, mit denen man Kleidung und Haut einsprühen kann. Als wirksam haben sich dabei unter anderem der Wirkstoff Citriodiol aus dem Zitroneneukalyptus und der synthetische Wirkstoff DEET (Diethyltoluamid) erwiesen.
In der Regel lässt die Schutzwirkung dieser Mittel nach zwei bis drei Stunden deutlich nach und muss wieder aufgefrischt werden. Auch nach dem Baden, und wenn man stark geschwitzt hat, ist eine erneute Anwendung erforderlich. Soll an derselben Hautpartie sowohl ein Sonnen- als auch ein Zeckenschutzmittel angewandt werden, dann ist der Sonnenschutz eine halbe Stunde vor dem Zeckenschutz aufzutragen.
Ganzkörperfahndung
Nach einem Aufenthalt in Wald und Wiese sollte man den gesamten Körper, einschliesslich schwer zugänglicher Stellen, den Hautfalten in Kniekehlen und Leiste, Intimbereich, Bauchnabel, Achselhöhlen und die behaarte Kopfhaut sorgfältig auf Zecken absuchen.
Je früher die auf der Haut sitzende Zecke entfernt wird, desto geringer ist das Risiko, dass bereits Borrelien übertragen wurden. In der Regel fängt die Übertragung etwa 12 bis 24 Stunden nach Beginn der Blutmahlzeit an.
Tipp: Zecken, die sich bereits an der Haut festgesaugt haben, entfernt man, indem man sie mit einer feinen Pinzette, einer speziellen Zeckengreifzange oder Zeckenkarte am Kopf packt und vorsichtig herauszieht. Abzuraten ist von Drehmanövern und jeglichen Versuchen, die Zecke zu ersticken, etwa mit Klebstoff oder Öl – all das erhöht das Infektionsrisiko. Nach dem Entfernen der Zecke wird die Einstichstelle mit Alkohol desinfiziert oder mit einer jodhaltigen Salbe und einem kleinen Pflaster versorgt. -
TopPharm hilft!
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Sind Sie gut gegen Zecken gerüstet? Denken Sie daran, immer wenn Sie ins Grüne gehen, ob berufsbedingt oder in der Freizeit, eine kleine Zeckenschutzapotheke mitzuführen. Ihr Gesundheits-Coach hilft Ihnen gern, etwas zusammenzustellen, was auch noch locker ins Fahrradtäschchen oder die Jackentasche passt. Dazu gehören an erster Stelle ein wirksames Zeckenschutzmittel, ein gut handhabbares Instrument zur Zeckenentfernung, Alkoholtupfer oder eine kleine Tube Jodsalbe und Wundpflaster.
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Wirkstoffe
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