Abstieg ist die beste Therapie
Höhenkrankheit befällt fast jeden Zweiten bei längeren Bergtouren in den Alpen. Aber Vorbeugen ist möglich.

Tagesausflügler haben wenig zu befürchten. Bis Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel und andere Symptome einer leichten Höhenkrankheit auftreten, vergehen meist sechs bis acht Stunden. Da sind Tages-Bergbesucher schon wieder mit Skiern oder Seilbahnen ins Tal gefahren. Aufpassen müssen Personen, die mehrere Tage in mehr als 2500 Meter Höhe verbringen wollen.
Schon ab 2500 Metern erscheinen Symptome der Höhenkrankheit bei einem von vier Bergsteigern. Ab 4000 Metern leiden schon doppelt so viele. Einer von zehn Betroffenen muss seine Expedition sogar abbrechen. In der Höhe atmen wir schneller, weil dort niedriger Luft- und Sauerstoffpartialdruck herrschen. Durch das vermehrte Ausatmen verliert unser Körper aber mehr Kohlendioxid: Das Blut wird basischer. So entstehen die Kopfschmerzen, die die akute Höhenkrankheit kennzeichnen. Weitere häufige Symptome sind Übelkeit, erhöhter Puls, Benommenheit, Schwindel, Schlafstörungen und Abgeschlagenheit. Die Unfallgefahr steigt. Im Hochgebirge können auch gefährliche Höhenhirnödeme und Höhenlungenödeme auftreten. Sie sind selten, verlaufen jedoch zu 40 Prozent tödlich. Todesfälle ereignen sich meist erst jenseits von 5000 Metern. Als Warnsignale gelten Bewegungsstörungen, Halluzinationen und Lichtempfindlichkeit oder Atemnot, Blaufärbung der Haut, schaumiger Husten und Fieber.
Nur wenige Risikofaktoren bekannt
Das Risiko steigt durch schnelle Aufstiege und eine persönliche Veranlagung: Wer einmal die Höhenkrankheit hatte, muss damit rechnen, dass sie in den Bergen wieder zuschlägt. Ungünstig sind Überanstrengung, Alkoholkonsum und starker Verlust von Flüssigkeit oder Mineralien. Sonst weiss man wenig über Risikofaktoren. Wen es trifft oder nicht, kann niemand vorhersagen. In manchen Untersuchungen waren Frauen, Menschen mit Migräne und junge, sportliche Erwachsene anfälliger als andere. Rauchen hatte keinen Einfluss. Vor längeren Aufenthalten über 3000 Metern sollte man möglichst viele Nächte auf 2000 bis 3000 Metern verbringen. Tagesausflüge von dort in höhere Gefilde unterstützen die Akklimatisierung. Anschliessend empfiehlt es sich, pro Tag nur 300 bis 600 Höhenmeter aufzusteigen. Alpinisten sollten viel trinken und ausreichend ruhen. Medikamente zur Vorbeugung beurteilen Fachleute teils kritisch: Sie können gefährliche Warnzeichen verdecken, sodass sich der Zustand möglicherweise dramatisch verschlechtert.
Abstieg ist die beste Therapie
Bei leichten Beschwerden kommen übliche Mittel gegen Kopfschmerzen (zum Beispiel Ibuprofen), Übelkeit und als Anpassungshilfe Acetazolamid (rezeptpflichtig) infrage. Wenn sich der Zustand nach einem Ruhetag trotzdem nicht bessert, sollten Höhenkranke um 500 bis 1000 Meter absteigen. Bei starken Symptomen ist ein sofortiger Abstieg notwendig. Zusätzlich sollten Betroffene Sauerstoff und Kortison erhalten. Auf Expeditionen, bei denen sofortige Abstiege unmöglich sind, haben Profis oft mobile Überdruckkammern dabei. Gegen Höhenkrankheit können auch andere rezeptpflichtige Wirkstoffe helfen. Ihre Einnahme sollte unter fachkundiger Anleitung erfolgen.
Dieser Artikel von Dr. Jürgen Schickinger ist im TopPharm Ratgeber 03/2014 erschienen. Foto: Pexels.