Schmerzen empfinden wir meist als lästig. Doch sie sind auch ein Alarmsignal unseres Körpers, das Leben retten kann.

Das Rüstmesser rutscht aus und – aua! – der Schnitt ist im Finger statt im Apfel. Das Messer fliegt zu Boden, der blutende Finger pocht, nach einigen Minuten und einem Pflaster geht es zum Glück wieder besser. Doch was passiert eigentlich in unserem Körper in solchen Situationen?

Wir verfügen über eine Art innere Alarmanlage, die uns kurz- und langfristig vor Gefahren schützt. Um mit dem Warnsignal «Schmerz» entsprechend umgehen zu können, haben wir am ganzen Körper sogenannte Nozizeptoren. Diese Sinneszellen reagieren auf Reize von aussen wie auch von innen. Sie sind es also, die zum Beispiel das Halsweh bei einer Erkältung oder die Hitze bei einer Verbrennung als schmerzhaft wahrnehmen. Die Nervenfasern leiten diese Information weiter ans Gehirn. Unser Schmerzgedächtnis merkt sich daraufhin Dinge wie «Geh vorsichtig mit Messern um» oder «Nimm heisse Bleche nur mit Handschuhen aus dem Ofen».

Neben diesem Nozizeptorenschmerz gibt es aber auch noch eine andere Art von Schmerz, neuropathische oder Nervenschmerzen genannt. Ihnen liegen Schädigungen am Nervensystem zugrunde. Durch eine Operation durchtrennte Nervenbahnen, eine Querschnittlähmung oder amputierte Gliedmassen können unser Schmerzempfinden durcheinanderbringen. Dann spüren wir beispielsweise Schmerzen im Zeh, der gar nicht mehr da ist, oder in den Beinen, die kein Gefühl mehr haben. Betroffen von einer Form von neuropathischen Schmerzen sind laut Berichten fast sieben Prozent der Bevölkerung. Nervenschmerzen treten dabei spontan und unkontrollierbar auf, was es für Betroffene umso schwieriger macht, damit umzugehen. Auch chronischer Schmerz ist eine eigenständige Krankheit und hat seine ursprüngliche Warnfunktion verloren. Er entsteht, wenn ein akuter Schmerzreiz über längere Zeit anhält.

Die Stimmung fühlt mit

Wie wir Schmerzen empfinden, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Manche halten dieselben Schmerzen kaum aus, während sie andere scheinbar problemlos ertragen. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass dies auch auf genetische Unterschiede zurückzuführen ist. Die Schmerzempfindung hängt aber auch von unserem Umfeld und von unserer psychischen Verfassung ab. Sind wir traurig und niedergeschlagen, schmerzt dieselbe Verletzung oder Erkrankung mehr als bei positiven Gefühlen. Psychische Belastungen können bekanntlich sogar in stress- und depressionsbedingten Schmerzen wie Bauchweh, Übelkeit oder Kopfschmerzen münden. Schöne Emotionen haben hingegen die Kraft, dass wir Schmerzen vermindert wahrnehmen. Ähnlich ausgeklügelt reagiert unser Körper bei ganz schlimmen Schmerzen. Nach einem heftigen Unfall produzieren wir innert Kürze so viele Endorphine, dass die Schmerzen kurzfristig erträglicher werden. Dieser Notfallmodus hilft, dass wir noch funktionieren und uns beispielsweise aus der Gefahrenzone retten können. Wer schon einmal eine schwere Verletzung hatte, kennt diesen Schutzmechanismus vermutlich.

Das sind die häufigsten Schmerzen

Erstaunlich viele Menschen leiden auch in der Schweiz an regelmässig wiederkehrenden Schmerzen. Gemäss Rückenreport 2020 berichteten 67 Prozent der Schweizer Bevölkerung davon, mehrmals pro Jahr an Rückenbeschwerden zu leiden. Zu den häufigsten Schmerzen gehören ebenso Kopfschmerzen, wobei laut Fachleuten alleine von Migräneattacken rund 10 Prozent der Bevölkerung betroffen sind. Schmerzen in den Gelenken, aufgrund von Abnützung (Arthrose) oder Entzündung (Arthritis), kennen ebenfalls 10 Prozent der Männer und 18 Prozent der Frauen.

Die Gründe für diese Schmerzen sind so vielfältig wie die Krankheitsbilder. Allein unter den Kopfschmerzen gibt es zahlreiche Ausprägungen und Formen, denen ihrerseits unterschiedliche Ursachen zugrunde liegen. Dass wir heute tendenziell viel sitzen und uns wenig draussen bewegen, begünstigt jedoch gewisse Schmerzen. Kopf- oder Rückenschmerzen nach einem langen Tag am Computer sind für viele nichts Ungewohntes. Andere Formen wie die unter dem Oberbegriff Rheuma bekannten Schmerzen nehmen vor allem aufgrund des demografischen Wandels zu. Die fortgeschrittene Medizin ermöglicht vielen ein hohes Alter, wodurch der ganze Bewegungsapparat länger gebraucht wird. Entsprechend müssen ältere Menschen oft mit wiederkehrenden Schmerzen leben.

Kein Wunder, sind Schmerzmittel die am häufigsten verkauften Medikamente. Um Schmerzen wirksam zu behandeln und chronische Schmerzen zu vermeiden, muss man aber auch der Ursache auf den Grund gehen. Dafür gibt es in der Schweiz ein breites Therapieangebot mit dem Ziel, die individuellen Ursachen herauszufinden.